Schon länger befassen sich Wissenschaftler mit der Wirkung von Lithium auf die Psyche. Forscher der Brighton & Sussex Medical School ermittelten nun in einer großangelegten Meta-Analyse die suizidpräventive Wirkung. Hierbei wurden Ergebnisse von 15 ökologischen Studien ausgewertet. Die Studienautoren kommen zu dem Ergebnis, dass eine ausreichende Lithium-Konzentration im Grundwasser die Suizidrate in der Bevölkerung verringert.
Lithium ist in vielen Weltregionen in Gesteinen und Mineralien enthalten. Zudem ist das Leichtmetall auch Bestandteil zahlreicher Lebensmittel. Insbesondere tierische Produkte weisen eine hohe Konzentration auf. Lithium wiederum wird bereits seit vielen Jahren als Medikament bei der Behandlung diverser psychischer Krankheiten als Stimmungsstabilisator eingesetzt. Über den Regen gelangt Lithium auch in das Grundwasser. Allerdings ist die Dosis im Trinkwasser deutlich geringer als beispielsweise bei zugelassenen Medikamenten. Ob die förderliche Wirkung daher überhaupt entfaltet werden kann, galt lange als umstritten.
Die Autoren der Metastudie haben nun belegt, dass in Regionen mit einer hohen Lithiumkonzentration im Trinkwasser weniger Suizide passieren. Vor allem bei Männern sei die Auswirkung des Leichtmetalls stark gewesen. Die Forscher betonen zwar, dass die Dosis im Trinkwasser gering sei. Allerdings werde dieses permanent vom Menschen konsumiert.
Umstrittene Studienergebnisse
Eine gezielte Beigabe des Leichtmetalls könnte der Studie zufolge die Selbsttötungsrate signifikant senken. Das Thema ist durchaus von Relevanz: weltweit nehmen sich jährlich rund 800.000 Menschen das Leben. Allerdings merken Kritiker an, dass die Ergebnisse nur bedingt aussagekräftig seien. Dies liege daran, dass die Lithiumkonzentration im Trinkwasser nicht permanent gemessen wird. Da die Bevölkerung zudem auch auf anderen Wegen – beispielsweise durch die Nahrung – Lithium zu sich nimmt, könnten die Ergebnisse ebenfalls verfälscht sein. Zumal, da sich typische Lebensmittel je nach Region und Standort stark unterscheiden. Jene Faktoren wiederum wurden in der Metastudie nicht berücksichtigt. Die Studienautoren betonen, dass es sinnvoll sei, der Thematik mit weiteren Erhebungen auf den Grund zu gehen.
Lithium-Wirkung wenig umstritten
Wenig Zweifel gibt es allerdings an der generellen Wirkung von Lithium. So wurde bereits im Jahr 2013 eine Meta-Analyse im „Britischen Ärzteblatt“ veröffentlicht. Hierbei wurde die positive Wirkung des Stimmungsstabilisierers bei unipolaren und bipolaren Störungen bestätigt. Eine Studie der Universität Oxford zeigt indes auf, dass Lithium die Zahl der Suizide gegenüber Placebo um 93 Prozent verringert. Hierbei wurden Ergebnisse aus 48 Studien mit 6.674 Patienten zusammengefasst.
Die Forscher der eingangs zitierten Studie betonten, dass die konstante Einnahme mittels Trinkwasser über einen langen Zeitraum hinweg eine positive Wirkung entfalten könnte. Allerdings scheint die Wirkung auch kurzfristig einzusetzen. „Wir gehen im Rahmen unserer Forschung davon aus, dass die anti suizidale Wirkung von Lithium sofort einsetzt und wollen damit die Akzeptanz des Wirkstoffs auch in der Akutversorgung erhöhen“, wie Dr. Lewitzka, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, äußert.
Insgesamt gibt es einen großen Konsens dahingehend, dass eine Lithium-Medikation die Suizidrate senkt. Auch eine erhöhte Beigabe im Trinkwasser könnte förderlich sein, so die Meta-Analyse. Allerdings sind Folgestudien für trennschärfere Ergebnisse vonnöten – auch, um potenzielle Wechselwirkungen auszuschließen.