Es gilt in der Paläontologie mittlerweile als ausgemacht, dass viele Dinosaurier Federn besaßen. Fliegen konnten sie deshalb allerdings nicht unbedingt. Warum entwickelten Dinosaurier also ein Gefieder? Eine neue Antwort liefert nun eine Studie, die im Fachmagazin Scientific Reports veröffentlicht wurde. Demnach könnten die Ur-Reptilien Federn an ihren Vorderbeinen und Schwänzen genutzt haben, um Beute aufzuschrecken. Die sogenannte „flush-pursue“ Hypothese legt nahe, dass kleine Dinosaurier mit sogenannten Proto-Flügeln ähnliche Strategien wie einige moderne Vögel angewendet haben könnten, um ihre Beute zu fangen. Die Grundlage dieser Hypothese beruht auf einer umfassenden Studie, die Morphologie, Verhalten und die Neurobiologie von Dinosauriern untersucht. Hierbei kam auch ein Roboter zum Einsatz.
Insekten reagieren mit Fluchtreaktion
Die Forscher führten zunächst detaillierte ornithologische Studien an verschiedenen insektenfressenden Vögeln durch und entdeckten, dass das Zeigen kontrastierender Gefiedermerkmale, insbesondere schwarze und weiße Flecken auf den Flügeln und Schwänzen, die Fluchtreaktionen der Beute auslöste und somit die Effizienz des Vogelfangs erhöhte.
Könnten auch so die Dinosaurier agiert haben? Um ein mögliches Jagdverhalten zu testen, konstruierten die Wissenschaftler rund um Robotik-Experten Hyungpil Moon einen Roboter namens „Robopteryx“, der die Form und das Verhalten von Caudipteryx nachahmte.
Cool new paper testing hypothesis that early flight feather evolution was driven in part by enhanced ability to flush out insect prey. And they use a dino-robot!https://t.co/KqJ4RAY4rx
— Matthew Shawkey (@mdshawkey) January 26, 2024
Der Roboter wurde mit neun Motoren ausgestattet und programmiert, um die Bewegungen der Vorderbeine und des Schwanzes von bodenfressenden Vögeln nachzuahmen. Erst durch den Einsatz von Robopteryx konnten die Forscher die Verhaltensreaktionen wilder Grashüpfer beobachten, die wahrscheinlich zur gleichen Zeit erschienen wie die besagten Dinosaurier. Die Experimente mit dem Roboter zeigten, dass Grashüpfer häufiger flohen, wenn Proto-Flügel an den Vorderbeinen vorhanden waren, speziell, wenn die Proto-Flügel weiße Flecken aufwiesen. Gleiches trat bei besonders großen Schwanzfedern auf.
Neuronen reagieren auf Simulation
Um die Hypothese auch auf neurobiologischer Basis zu überprüfen, machten sich die Wissenschaftler Computersimulationen zunutze. Sie konnten so die Reaktionen von Neuronen der Grashüpfer auf das Erscheinen von Dinosauriern analysieren. So imitierten sie die Dinosaurierart Caudipteryx und präsentierten sie den Grashüpfern im Labor. Auch bei diesen Untersuchungen fielen die Reaktionen der Insekten deutlicher aus, wenn Proto-Flügel und Schwanzfedern präsent waren.
„Wir vermuten, dass die Verwendung des Gefieders zum Aufscheuchen der Beute die Häufigkeit von Verfolgungsjagden nach flüchtenden Beutetieren erhöhen könnte, wodurch die Bedeutung der Proto-Flügel und des Schwanzes beim Manövrieren für eine erfolgreiche Verfolgung verstärkt wird“, so Ökologe Sang-Im Lee, in einer Pressemitteilung. „Dies könnte zur Entwicklung größerer und steiferer Federn führen, da diese erfolgreichere Verfolgungsjagden und ausgeprägtere visuelle Fluchtsignale ermöglichen“.