Für lange Zeit wusste niemand, wie sie aussieht oder welche biologischen Eigenschaften sie besitzt. Den einzigartigen Laut kannte jedoch jeder Ortsansässige. Nun konnten Wissenschaftler endlich einige Exemplare der Príncipe-Zwergohreule genauer beschreiben. Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Biologen im Fachblatt ZooKeys.
Erste Sichtung im Jahr 2016
Auf der zentralafrikanischen Insel Principe vor der Küste von Äquatorial-Guinea leben nur rund 7340 Menschen, jedoch ist sie bekannt für ihre Vielfalt an Vögeln und anderen Tierarten. Der dichte Dschungel erstreckt sich von den Bergen bis an den Strand und ist die Heimat einer Eule, die lange Zeit vor den Augen der Menschheit verborgen blieb. Nur ein eindringendes „Tuu“ gab einem Hinweise auf den Vogel: ein Laut, der abgehackt und wiederholt zu vernehmen ist und eigentlich eher an ein Insekt erinnert. Schon seit fast 100 Jahren kennen die Einwohner von Príncipe den Ruf der Zwergohreule, doch erst 2016 wurde die kleine Eule von Forschern erstmals gesichtet.
Ende Oktober dieses Jahres veröffentlichte der Biologe Martim Melo zusammen mit seinen Kollegen eine fachliche Beschreibung der neuen Zwergohreulenart. Mit der Hilfe eines Rangers, der den Spitznamen Bikegila trägt, konnten vier Individuen überhaupt erst eingefangen und untersucht werden. Die Forscher tauften den Vogel entsprechend auf den lateinischen Namen „Otus bikeliga“.
Die Príncipe-Zwergohreulen haben ein braunes Gefieder mit schwarzen und weißen Elementen. Diese Färbung und ihre Größe unterscheidet sich von denen ihrer Artgenossen. Doch vor allem ihr Ruf ist einzigartig. Das abgehackte „Tuu“ ist meistens bei Dämmerung zu hören, manchmal stoßen sie allerdings auch katzenähnliche Laute aus. Ein Gentest bestätigte letztlich, was die Wissenschaftler vermutet hatten: Bei ihnen handelt es sich tatsächlich um eine bisher unentdeckte Spezies.
Vom Aussterben bedroht?
Für eine zweite wissenschaftliche Arbeit zur Verbreitung des Tiers untersuchten die Wissenschaftler die Umgebung, in der sie die Príncipe-Zwergohreule gefunden hatten. Die Vögel wurden bisher nur im dichtbewaldeten und unbewohnten Nationalpark im Süden der Insel gesichtet. Die Forscher gehen davon aus, dass auf den 34,4 km2 zwischen 1000 und 1500 Individuen leben. Ihre Begrenzung auf den kleinen, unbewohnten Raum der Insel bedeutet, dass sie wohl ungestörte Natur benötigen, um sich entfalten und überleben zu können.
Ein großes Problem stellt deshalb dar, dass das Gebiet gegebenenfalls durch ein Wasserkraftwerk bedroht wird. Außerdem gibt es offenbar Anzeichen dafür, dass die Population schwindet. Die Biologen haben deshalb die Aufnahme der neu entdeckten Zwergohreule auf die Liste für bedrohte Tierarten beantragt. Zudem sollen weitere Untersuchungen, wie zur Fortpflanzung und zur Bedrohung durch Raubtiere, in Zukunft umgesetzt werden, um passende Schutzmaßnahmen zu finden.
Artikel von Anna Mikulics, Foto Credits: © Martim Melo: Pressebild zu Melo, M. et al.: A new species of scops-owl (Aves, Strigiformes, Strigidae, Otus) from Príncipe Island (Gulf of Guinea, Africa) and novel insights into the systematic affinities within Otus, female (left, sample P9-037) and male (right, sample P9-038) grey-brown morphs captured at Boca do Inferno on January 28, 2019, ZooKeys 1126, 2022 / CC BY 4.0 (Ausschnitt)