Alkoholismus ist nach wie vor ein Problem, das zahlreichen Gesellschaften stark zusetzt. Weltweit sterben jährlich bis zu drei Millionen an den Folgen des übermäßigen Alkoholkonsums. Nun identifizierten Forscher 19 weitere genetische Risiko-Faktoren. Diese betonen in der im „Nature Neuroscience“ veröffentlichten Studie, dass die Erkenntnisse dabei helfen könnten, neue Medikamente zu entwickeln.
Nach Einschätzung des kanadischen Drogenexperten Dr. Kevin Shield gibt es jährlich rund 3 Millionen alkoholbedingte Todesfälle. Zum Vergleich: Die Covid-19-Pandemie forderte nach Daten von „Worldometers“ bis dato 446.678 Menschenleben. Darüber hinaus sei es so, dass über 131 Millionen gesunde Lebensjahre durch Alkohol aufgrund von
Tod sowie Krankheiten wie Leberzirrhose verlorengehen. Insbesondere in Osteuropa sowie dem westlichen Subsahara-Afrika ist der Anteil an Alkoholtoten besonders hoch.
Gemäß der eingangs zitierten Studie spielt die genetische Veranlagung neben den persönlichen Umständen eine große Rolle bei der Entwicklung einer Alkoholabhängigkeit. Bisher ermittelten Wissenschaftler 10 genetische Risikofaktoren. Addiert man die Faktoren der Forschergruppe der Aarhus Universität, dann beläuft sich die Anzahl inzwischen auf 29.
Umfangreiche Erhebung
Bei der Suche nach weiteren Charakteristika, die Fragen rund um die Ausbildung eines kritischen Alkoholkonsums beantworten können, setzten die Forscher auf eine genomweite Assoziationsstudie. Ziel war es hierbei, bestimmte Genomformen zu identifizieren, welche mit dem Auftreten anderer bestimmter Merkmale einhergehen. Konkret sollte ermittelt werden, welche Genvarianten bei Menschen mit problematischem Alkoholkonsum häufiger auftreten. Hierfür griffen die Wissenschaftler auf Daten von insgesamt 435.000 Menschen zurück.
Bei der Studie trat zudem zutage, dass mit dem Vorhandensein der Risiko-Gene auch eine höhere Anfälligkeit für diverse neuropsychiatrische Merkmale einhergeht. Menschen mit problembehafteten Alkoholkonsum haben demnach im Durchschnitt eine höhere genetische Veranlagung für die Entwicklung von Depressionen, Angststörungen sowie ADHS. In der veröffentlichten Studie heißt es, dass immer mehr Licht ins Dunkel komme: „Wir beginnen jetzt, die Umrisse einer genetischen Architektur zu sehen […] hier ist wohl eine grundlegende genetische Komponente im Spiel“. Nichtsdestotrotz sei es falsch, lediglich nach erblichen Gründen für Alkoholismus zu suchen. Vielmehr gehe aus den Studienergebnissen hervor, dass das Umfeld eines Menschen ebenfalls von großer Bedeutung ist.
Ernstzunehmende Situation
Auch vergangene Erhebungen zeigten bereits auf, dass keinesfalls leichtfertig mit dem Thema Alkohol respektive dem Missbrauch der Substanz umgegangen werden sollte. So kamen Wissenschaftler im Jahr 2017 in der „Global Burden of Disease“-Studie zu dem Fazit, dass die alkoholbedingte Krankheitslast sogar noch größer sein könnte, als bisher angenommen worden war. Demnach sei Alkohol ein Hauptrisikofaktor für Infektionskrankheiten, nichtübertragbare Erkrankungen sowie Verletzungen.
Zahlreiche Bestrebungen, den Alkoholkonsum einzudämmen, scheinen bisher noch keine Früchte zu tragen. So habe der Konsum in den letzten 3 Jahrzehnten nicht abgenommen, im Gegenteil. Ferner konstatieren die Forscher, dass diesbezüglich auch keine Trendwende in Sicht sei – zumindest nicht in einem globalen Sinne. In Deutschland sinkt der Pro-Kopf-Verbrauch von reinem Alkohol bereits seit den 1980ern. Seither verringerte sich der Wert um rund 30,5 Prozent.
Bild: Fabio/Flickr