Ein künstliches Gehirn aus dem Labor mag wie reine Science-Fiction klingen, doch ein japanisch-französisches Forschungsteam hat nun tatsächlich eine Technik entwickelt, um laborgezüchtete gehirnähnliche Gewebe miteinander zu verbinden. In einer Studie im Fachmagazin Nature Communications vergleichen sie ihren Aufbau mit den Schaltkreisen im menschlichen Gehirn.
Laborzucht von Gehirnzellen
Die Forscher des Institute of Industrial Science an der University of Tokyo haben physiologische Verbindungen zwischen experimentellen Modellgewebe hergestellt, in dem menschliche Stammzellen zu dreidimensionalen gehirnähnlichen Strukturen heranwachsen. In diesen „Hirn-Organoiden“ konnte so eine verbesserte Entwicklung und Aktivität festgestellt werden. „In einzelnen neuralen Organoiden, die unter Laborbedingungen gezüchtet werden, zeigen die Zellen eine relativ einfache elektrische Aktivität“, so Tomoya Duenki, Co-Autor der Studie, in einer Pressemitteilung. „Als wir zwei neuronale Organoide mit Axonalbündeln verbanden, konnten wir sehen, wie diese bidirektionalen Verbindungen dazu beitrugen, Aktivitätsmuster zwischen den Organoiden zu erzeugen und zu synchronisieren, was eine gewisse Ähnlichkeit mit Verbindungen zwischen zwei Regionen im Gehirn aufweist.“
Die verbundenen Hirn-Organoide zeigten eine komplexere Aktivität als einzelne Organoide oder solche, die mit früheren Techniken verbunden waren. Entsprechend wichtig erscheinen axonale Bündelverbindungen, um komplexe Netzwerke zu entwickeln. Im menschlichen Gehirn sind sie für viele grundlegende Funktionen wie Sprache, Aufmerksamkeit und Emotionen verantwortlich.
Forschungen im Labor als Alternative zu Tierversuchen
„Es ist eine Herausforderung, die genauen Mechanismen der Entwicklung und der Funktionen des Gehirns zu untersuchen“, erklären die Wissenschaftler in der Mitteilung. „Tierstudien sind durch die Unterschiede zwischen den Arten in Bezug auf Gehirnstruktur und -funktion begrenzt, und im Labor gezüchteten Gehirnzellen fehlen in der Regel die charakteristischen Verbindungen der Zellen im menschlichen Gehirn“.
Entsprechend wichtig sei es, mehr über die neuronalen Verbindungen und die von ihnen geschaffenen Schaltkreise zu erfahren. So hoffen die Forscher, dass sie ihre Organoide weiter verbessern und untersuchen können. So sei es interessant festzustellen, wie sich die entwickelten Netzwerke unter verschiedenen Bedingungen im Laufe der Zeit entwickeln und verändern. Langfristig sollen hieraus verbesserte Behandlungen für neurologische und psychiatrische Erkrankungen resultieren.
Bildquelle: INSTITUTE OF INDUSTRIAL SCIENCE, THE UNIVERSITY OF TOKYO