In der Wissenschaft gibt es mehr als nur eine Art von Eis. Aktuell unterscheidet man anhand der Form der Kristalle Eis in 17 Formen. In Innsbruck wurde nun eine weitere Eisform entdeckt. „Eis XVIII“ entsteht bei langsamer Kühlung und extremem Druck.
Eis ist nicht gleich Eis
Die Wissenschaftler der Universität Innsbruck berichteten im Fachjournal „Chemical Science“ von der neu entdeckten Eisart. Die für uns auf der Erdoberfläche geläufige Form von Eis nennt sich „Eis I“. Darüber hinaus konnten bisher 17 weitere Varianten von Eis ausgemacht werden. Diese zeigen sich jedoch nur unter bestimmten Bedingungen. Auf dem Jupitermond Ganymed konnte man zum Beispiel unter hunderten von dicken Eisschichten „Eis VI“ indirekt nachweisen. Auch im Erdinnern entdeckte man diese Form von Eis, eingeschlossen in Diamanten. Sie stammten aus einer Tiefe von 200 bis 500 Kilometern und ihre Temperatur lag bei über null Grad Celsius.
„Eis VI“ ist ein sogenannter frustrierter Kristall, bei dem ausschließlich die Sauerstoffatome periodisch angeordnet sind. Diese Erscheinungsform bildete den Ausgangspunkt für eine weitere Form von Eis. Bereits 2009 konnte der Wissenschaftler Christoph Salzmann an der Uni Innsbruck „Eis XV“ herstellen.
Hierfür wurde „Eis VI“ einem Druck von 10.000 bar ausgesetzt und dabei schnell abgekühlt. Im unterschied zu „Eis VI“ sind in „Eis XV“ auch die Wasserstoffatome in einem bestimmten Muster regelmäßig angeordnet.
Langsame Kühlung bei hohem Druck
Am Institut für Physikalische Chemie veränderten Wissenschaftler um Thomas Lörting nun den Herstellungsprozess und entdeckten dabei die neue Eis-Variante.
„Bei unserem Experiment sind wir in den Bereich des bekannten ‚Eis VI‘ gegangen. Typischerweise haben wir bei einer Temperatur von minus 20 Grad Celsius und einem Druck zwischen 500 und 20.000 bar ‚Eis VI‘ weiter abgekühlt. Der Clou an unserer Arbeit war, dass wir den Prozess des Abkühlens umgestaltet haben“, erklärt Lörting. Statt wie bisher einen schnellen Kühlungsprozess in Gang zu setzen, wurden die Proben bis zu einhundertfach langsamer abgekühlt.
Wurde zusätzlich starker Druck um die 18.000 bis 20.000 bar ausgeübt, zeigte sich die Struktur des neuen „Eis XVIII“. Genauso wie schon bei „Eis XV“ entdeckte man geordnete Strukturen, die sich aber vor allem in der Orientierung der vorherrschenden Wassermoleküle unterschieden.
„Eis XVIII“ ist vielleicht erst der Anfang
Ausgehend von „Eis VI“ sind noch eine Reihe weiterer Eis-Varianten möglich. Je nach Anordnung der Wassermoleküle sind derzeit 45 weitere Formen denkbar. „Wir haben zum ersten Mal eine zweite realisiert, wissen aber noch nicht, welche der 45 es ist,“ kommentiert Lörting den aktuellen Forschungsstand. Um als wissenschaftlich geprüfte Form von Eis in die Lehrbücher einzugehen, muss in einem weiteren Experiment die exakte Anordnung der Atome geklärt werden. Um das zu erreichen muss die Herstellung des Eis mit Wasserstoffmolekülen aus Sauerstoff und schwerem Wasserstoff wiederholt werden. Normaler Wasserstoff ist nämlich kaum örtlich bestimmbar, weshalb trägere Wasserstoffteilchen eingesetzt werden müssen. Sollte sich hierbei die angenommene Struktur bestätigt werden, wird „Eis XVII“ als 18. Form offiziell anerkannt.