Eine neue Analyse von Überresten aus dem mittelalterlichen Cambridge zeigt, dass die dort ansässigen Augustinermönche fast doppelt so häufig von Darmparasiten infiziert wurden wie die allgemeine städtische Bevölkerung – obwohl die meisten damaligen Augustinerklöster im Gegensatz zu ordinären Arbeiterhäusern über bessere Hygieneanlagen verfügten. Ein Grund könnte im Dünger der Mönche liegen.
Parasitärer Befall unterschied sich nach Lebensstil
Die im International Journal of Paleopathology veröffentlichte Studie ist die Erste, die das Vorkommen von Parasiten bei mittelalterlichen Menschen aus denselben sozialen Umfeldern vergleicht. Demnach sollen verschiedene Lebensstile zu einem angepassten Infektionsrisiko geführt haben. „Die Mönche des mittelalterlichen Cambridges scheinen von Parasiten übersät gewesen zu sein“, zitiert National Geographic den Leiter der Studie, Dr. Piers Mitchell vom Department of Archaeology in Cambridge. Die Wissenschaftler widmeten sich hierfür Bodenproben, die sie um die Becken von menschlichen Überresten entnahmen.
Die Forscher testeten 19 Mönche vom Augustinerkloster und 25 menschliche Überreste vom Allerheiligenfriedhof. Das Augustinerkloster in Cambridge wurde auch »Studium Generale« genannt, zu dem Geistliche aus Großbritannien und Europa reisten, um Manuskripte zu lesen. Erbaut wurde das Kloster um 1280. Es bestand bis zum Jahr 1538 – ein Zeitpunkt, an dem viele Klöster aufgrund des Bruchs Heinrichs VIII. mit der römischen Kirche geschlossen oder zerstört wurden.
Bei ihrer Untersuchung stellten die Archäologen fest, dass ganze 58 % der Mönche mit Würmern infiziert waren, verglichen mit nur 32 % der allgemeinen Stadtbewohner. Die tatsächliche Zahl der Infektionen sei allerdings wohl höher gewesen, jedoch seien einige Spuren von Parasiteneiern im Beckensediment im Verlauf der Jahre durch Pilze und Insekten zerstört worden. Die Parasitenprävalenz von 32 % unter Stadtbewohnern gelte dabei als die normale Infektionsrate für mittelalterliche Europäer. Dies deutet darauf hin, dass die Infektionsraten im Kloster bemerkenswert hoch waren.
Spul- und Peitschenwurminfektionen durch Klosterdünger
Die Cambridge-Forscherin Tianyi Wang, die die Wurmeier untersuchte, fand heraus: „Der Spulwurm war die häufigste Infektion, aber wir fanden auch Hinweise auf eine Peitschenwurminfektion. Diese werden beide durch schlechte sanitäre Einrichtungen verbreitet.“ In mittelalterlichen Städten war die Senkgrube die gängige Form der Toilette. Dabei handelte es sich um Löcher im Boden, die für Fäkalien und Haushaltsabfälle verwendet wurden. Die Klöster besaßen jedoch fließende Wassersysteme, was eigentlich auf bessere Hygiene schließen lässt.
Da Spulwürmer und Peitschenwürmer vorwiegend gerade durch schlechte hygienische Bedingungen verbreitet werden, argumentieren die Forscher, dass die unterschiedlichen Infektionsraten zwischen den Mönchen und dem allgemeinen Volk darauf zurückzuführen sein müssen, wie beide Seiten mit ihren menschlichen Ausscheidungen umgegangen sind. „Eine Möglichkeit ist, dass die Mönche ihre Gemüsegärten mit menschlichen Exkrementen gedüngt haben, was im Mittelalter nicht ungewöhnlich war, und dies könnte zu einer wiederholten Infektion mit den Würmern geführt haben“, so Mitchell.
Artikel von Anne Springwald, Bild von Jose Antonio Alba auf Pixabay