Adipositas ist eine weitverbreitete Erkrankung. Durch Übergewicht leiden die Betroffenen hierbei oft psychisch, aber auch körperlich. Neben Schmerzen, Diabetes, Rückenbeschwerden oder Depressionen kommt oft auch ein verringerter Lernerfolg hinzu.
Diese Einschränkung, bei der verschiedene Reize im Gehirn weniger erfolgreich miteinander funktionieren, könnte durch Medikamente aufgehoben werden. Ruth Hanssen, Lionel Rigoux und weitere Forscher vom Max-Planck-Institut für Stoffwechselerkrankungen veröffentlichten hier kürzlich eine Studie im Fachmagazin Nature Metabolism.
Assoziative Verknüpfungen wiederherstellen
Die Forscher beschreiben, dass die in der Studie getestete Abnehmspritze unter anderem die Wirkstoffe Liraglutid undSemaglutid enthalten. Diese haben das Ziel, den Appetit der Patienten zu hemmen und die Insulinproduktion anzukurbeln.
Ein positiver Nebeneffekt dieser Wirkstoffe ist zudem, dass sie ähnlich wie das körpereigene GLP-1 wirken. Dieses Hormon hat die Aufgabe, im Gehirn assoziative Verknüpfungen zu schaffen, die für das Lernen essenziell sind. Das beschreibt die Chefautorin Hanssen in der Studie wie folgt: „Das dopaminerge Mittelhirn spielt eine entscheidende Rolle beim Erlernen des adaptiven Verhaltens und ist besonders empfindlich gegenüber peripheren Stoffwechselsignalen, einschließlich Darmpeptiden, wie dem glucagonähnlichen Peptid 1 (GLP-1).“
Sollte der Effekt der Wirkstoffe Liraglutid und Semaglutid durch eine Abnehmspritze also regelmäßig angehoben werden, ist es möglich, dass der Patient durch sie wieder eine verbesserte Konzentration und einen besseren Erfolg beim Lernen erzielt.
Tests zeigen positive Wirkungen
Diese These galt es nun durch einige Tests zu beweisen. Denn bisher ist es weder wissenschaftlich belegt, dass Adipositas Auswirkungen auf den Lernerfolg nimmt, noch dass die genannten Wirkstoffe einen positiven Effekt haben. Für ihre Analyse suchten die Forscher 24 Testpersonen mit Adipositas. 30 Personen mit einem gesunden BMI und guter Insulinsensitivität bildeten die Kontrollgruppe.
Die Teilnehmer erhielten entweder eine Spritze mit 0,6 Milligramm GLP-1 Agontiten Liraglutuid oder ein Placebo. Am darauffolgenden Tag sollten sie einen einfachen Test abschließen, der beurteilt, wie schnell sie lernen können. Die Ergebnisse waren eindeutig. In der Testgruppe schnitten diejenigen besser ab, die ein normales Körpergewicht hatten. Die Testpersonen mit Adipositas hingegen zeigten ein schlechtes assoziatives Lernen.
Die Personen in der Gruppe, die im Vorfeld die Abnehmspritze erhalten hatte, zeigten eine vergleichbare Leistung. Die Wissenschaftler schließen daraus: „Insgesamt zeigen unsere Ergebnisse, dass die Aktivierung des GLP-1-Rezeptors das assoziative Lernen bei Menschen mit Fettleibigkeit verbessert.“ Weiter beschreiben sie: „Diese Ergebnisse liefern Beweise dafür, wie Stoffwechselsignale als Neuromodulatoren wirken können, um unser Verhalten an den inneren Zustand unseres Körpers anzupassen, und wie GLP-1-Rezeptor-Agonisten in Kliniken wirken.“
Das Forschungsteam geht davon aus, dass die Tests den positiven Nebeneffekt der Abnehmspritzen beweisen. Dennoch bleibe es ratsam, dass die Mittel nicht zu häufig angewendet und nicht als Lösung des Problems betrachtet werden sollten. Vielmehr sollten Patienten dazu animiert werden, sich gesund zu ernähren und ein gesundes Körpergewicht zu erzielen.