Wie Forscher der Universität Cambridge herausgefunden haben, könnten Antworten auf die Frage zur Entstehung zu psychiatrischen Krankheiten wie Schizophrenie, in einem Teil der DNA zu finden sein, der als „dunkles Genom“ bezeichnet wird. Hier könnten Grundsteine für neue Therapien liegen. Ihre Ergebnisse veröffentlichte das Team im Fachjournal: „Molecular Psychiatry„.
Nur 1,5 % der DNA sind Gene: Grund für Entstehung von Schizophrenie und Bipolarer Störung außerhalb derer zu finden?
Der medizinische Fortschritt brauchte bis weit in die 2000er-Jahre, bis erstmals das komplette Genom eines Menschen entschlüsselt und aufgezeichnet werden konnte. Allerdings wirft der Großteil der DNA-Abschnitte mehr Fragen auf, als er beantwortet. Die Gene, die Teile der Stränge der DNA-Ketten ausmachen, repräsentieren nur einen kleinen Teil des gesamten Erbguts. Die anderen Abschnitte werden oft als „dunkles Genom“ bezeichnet. Genau hier scheinen Wissenschaftler nun zwei Proteine gefunden zu haben, die mit der Entstehung von Schizophrenie und Bipolarer Störung in Verbindung gebracht werden.
Schizophrenie ist eine langwierige psychiatrische Krankheit, die von Halluzinationen, Wahnvorstellungen und gestörten Denkabläufen geprägt ist. Die Bipolare Störung zeichnet sich durch extreme Stimmungsschwankungen von Manie bis zur Depression aus. Über den Mechanismus dieser beiden Krankheiten, die als extrem einschränkend gelten, ist bisher nur wenig bekannt, weshalb die Diagnose und Unterscheidung schwierig ist. Auch die Behandlungsoptionen für Betroffene sind spärlich. Die Proteine, die die Wissenschaftler entdeckt haben, scheinen sich aus einem evolutionären Vorteil entwickelt zu haben. Sind sie jedoch defekt, könnten sie die Entstehung der psychiatrischen Krankheiten begünstigen. „Als wir durch das gesamte Genom gescannt haben, sind wir auf Regionen gestoßen, die nicht als Gene im klassischen Sinne bezeichnet werden können und Proteine kodieren, die bei der Entstehung von Schizophrenie und Bipolarer Störung beteiligt zu sein scheinen“, erklärt Forschungsleiter und Autor Sudhakaran Prabakaran in einer Pressemitteilung der Universität.
Müssen die Genetiker umdenken?
„Das eröffnet uns ein riesiges Potenzial für Ziele für neue Medikamente. Das ist sehr aufregend, denn niemand hat jemals über Gene hinaus nach Antworten geschaut, um diese Krankheiten zu verstehen und zu behandeln“, fügte er hinzu. Wie die Forscher beweisen konnten, finden sich diese Proteine nur im menschlichen Gehirn. Das Fehlen in anderen Säugetieren verleitete sie zu der Annahme, dass diese Eiweiße mit der kognitiven Entwicklung des menschlichen Hirns aufgetreten sein müssten. Für das Team war dies auch ein Denkanstoß, kontemporäre Betrachtungsweisen zu überdenken: „Die traditionelle Definition von Genen ist zu konservativ und hat Forscher von der Entdeckung der Funktion des restlichen Genoms weggeleitet“, kritisiert die Erstautorin Chaitanya Erady.
In der traditionellen Vorstellung der DNA sind nur auf den Genen die Baupläne für Proteine abgebildet. Aber, „wenn wir über die Regionen hinausschauen, die als Gene klassifiziert sind, fällt auf, dass das ganze menschliche Genom die Fähigkeit hat, Proteine zu bilden, nicht nur die Gene. Wir haben neue Proteine gefunden, die in biologische Prozesse involviert sind und in Krankheiten wie Schizophrenie oder Bipolarer Störung nicht funktionieren“, so die Forscherin aus der Genetik-Abteilung der Universität Cambridge.
Die meisten verfügbaren Behandlungen zielen auf Proteine ab, die in klassischen Genen verankert sind. Der Fund der Forscher könnte erklären, wieso Krankheiten wie Schizophrenie vererbbar sind, auch wenn bisher keine Veränderungen in den bekannten Genen zu finden waren. Auf der Suche nach Behandlungsmethoden gründete Prakabaran schon letztes Jahr das Unternehmen NonExomics, das mithilfe von Spenden neue Medikamente entwickeln will. Bis jetzt konnten die Wissenschaftler schon 248.000 Regionen in der DNA entdecken, die nicht zu Genen gehören, aber in bestimmten Krankheiten fehlerhaft sind.
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