Diktate, Aufsätze oder Hausarbeiten können Kindern mit Legasthenie große Probleme bereiten. Ihnen fällt es schwer, sich die Rechtschreibung von Wörtern zu merken, weshalb das Problem auch als Lese- und Rechtschreibschwäche (LRS) bezeichnet wird. Eine Studie aus Großbritannien hat jetzt belegt, dass in Kindern mit Legasthenie auch andere Prozesse im Gehirn betroffen sind. So fanden die Forscher heraus, dass die betroffenen Kinder länger bräuchten, um nachzuvollziehen, in welche Richtung sich eine Masse von Punkten bewegte. Dies konnte auch durch Messungen bestätigt werden. Mit den Ergebnissen der Studie hoffen die Wissenschaftler auf besseres Verständnis des Problems und mehr Hilfe für Betroffene.
Erkenntnisse anhand von Gehirnströmen
Auch wenn alle Kinder anfangs beim Lernen und Schreiben Fehler machen, verschwinden diese normalerweise schnell. Kinder mit Legasthenie machen diese deutlich häufiger und haben größere Schwierigkeiten diese zu überkommen. In Deutschland leiden rund 5 % der Kinder an einer Lese- und Rechtschreibschwäche. Die Ursache ist bis heute allerdings unbekannt, was auch die Behandlung und die Erstellung von Hilfsangeboten deutlich erschwert.
Ein Team von Wissenschaftlern der University Oxford um Catherine Manning hat sich mit dem Ausmaß der Auswirkungen befasst. Für ihre Untersuchungen zeigte sie Kindern mit und ohne LRS eine Masse von bewegenden Punkten und forderte sie auf, sich zu entscheiden, in welche Richtung sich diese bewegten. Gleichzeitig wurden mithilfe eines Elektroenzephalogramms (EEG) die Hirnströme der Probanden aufgezeichnet und miteinander verglichen. Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Forscher im Fachjournal „the journal of neuroscience„.
Legastheniker mit langsamerer neuronaler Aktivität
Und die Ergebnisse der 100 untersuchten Kinder brachten Erkenntnisse. Für Kinder mit einer Legasthenie war es deutlich schwerer, die Bewegung der Masse zu erkennen. So waren sie ungenauer und brauchten länger als die anderen Probanden. Dies spiegelte sich auch in den Ergebnissen des EEG wider. Zwar stiegen bei allen Kindern die Aktivität in den beteiligten Bereichen, bei Legasthenikern allerdings langsamer. So konnte allein von den Aufzeichnungen des EEGs bestimmt werden, ob ein Befund eines Legasthenikers vorlag.
Die Hauptautorin der Studie und Forscherin des Centers für Autismus an der Universität in Reading, Catherine Manning, kommentierte die Ergebnisse gegenüber neurosciencenews.com: „Die Ergebnisse zeigen, dass die Schwierigkeiten von Kindern mit Legasthenie nicht auf das Schreiben und Lesen beschränkt sind. Stattdessen, als Gruppe, zeigen Kinder mit Legasthenie Schwierigkeiten im Verarbeiten von visuellen Prozessen und dem Treffen von Entscheidungen darüber.“ Schon vorher wurde von Forschern ein Zusammenhang zwischen Legasthenie und Problemen in der Verarbeitung von visuellen Reizen hergestellt, welcher durch diese Studie unterstützt wird.
Hoffnung auf bessere Hilfsangebote
Catherine Manning hofft durch die Untersuchungen der Ursache der Krankheit einen Schritt näher gekommen zu sein „Zukünftige Forschungen werden zeigen, ob diese Unterschiede in der visuellen Verarbeitung und Entscheidungsfindung trainiert werden können, um die Lesefähigkeit betroffener Kinder zu verbessern oder Hinweise auf die Ursachen der Legasthenie zu geben“, äußerte sich Manning.
Schon in der Vergangenheit konnten Studien beweisen, dass Legasthenie nicht durch eine verringerte Intelligenz verursacht ist. Doch da nicht bekannt ist, welche Prozesse hinter der Lernkrankheit stecken, ist die Behandlung bis heute schwierig. Neue Erkenntnisse über Ursachen könnten in der Zukunft dabei helfen, bessere Hilfsangebote für Betroffene zu entwerfen, um sie in ihrer schulischen Entwicklung zu unterstützen.
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