Bereits Ende April berichtete European Scientist über die Auswirkungen der Corona-Krise auf die Umwelt. Nun vermitteln neue Ergebnisse ein besseres Bild über das Ausmaß. Ein internationales Forscherteam berichtete in der Fachzeitschrift „Nature Climate Change“, dass sich der weltweite CO2-Ausstoß im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um bis zu 17 Prozent verringert habe.
Die Maßnahmen der politischen Entscheidungsträger im Angesicht der Covid-19-Pandemie haben große Auswirkungen auf den weltweiten Energie- und Rohstoffbedarf, so die Forscher. Während sich der globale Kohlenstoffdioxid-Ausstoß um 17 Prozent verringerte, sei der Wert in einzelnen Ländern um bis zu 26 Prozent gesunken. Das Ausmaß des Rückgangs sei außergewöhnlich und ein Novum, wie es in dem Studienfazit heißt. Am 7. April wurden weltweit 83 Millionen Megatonnen CO2 durch die Verbrennung fossiler Brennträger sowie die Zementproduktion ausgestoßen. Im vergangenen Jahr waren es im Mittel täglich 20,5 Prozent mehr.
Wie aus der Erhebung hervorgeht, fällt insbesondere der Rückgang im Bereich des Transports sowie des Luftverkehrs stark ins Gewicht. Nach Daten von „Flightradar24“ verringerte sich der Passagierverkehr an deutschen Flughäfen im März gegenüber dem Vorjahresmonat um 63 Prozent. Ähnlich die Ergebnisse des internationalen Forscherteams. Demnach haben sich die Emissionen im Bereich des Luftverkehrs weltweit um rund 60 Prozent verringert. Lastwagen, Schiffe und Autos stießen 7,5 Millionen CO2 weniger aus – täglich, wohlgemerkt. Der verringerte CO2-Ausstoß im Bereich der Luftfahrt betrage unterdessen 1,7 Millionen Tonnen pro Tag.
Temporäre Auswirkungen
Dabei zeigt sich, dass der Rückgang je nach Staat stark variiert. In China fielen die Emissionen in den ersten vier Monaten um rund 242 Megatonnen. Am Zweithöchsten indes der Rückgang in den Vereinigten Staaten von Amerika. Hier beträgt das Minus 207 Megatonnen. In Europa wiederum schlägt der Emissions-Rückgang mit 123 Megatonnen zu Buche.
Obgleich die Veränderungen historischen Ausmaßes seien, könne keine Entwarnung gegeben werden. Die Forscher nehmen an, dass keine strukturellen Weichenstellungen vorgenommen wurden. Konkret bedeutet dies, dass die Wirtschaft schon bald wieder auf Normalbetrieb hochgefahren werde, so die Annahme. Nichtsdestotrotz sei der Effekt bereits jetzt spürbar, zumindest temporär. Der Rückgang der Jahresemissionen werde rund 4 Prozent betragen, so die Prognose der Wissenschaftler. Sofern einige Beschränkungen bis zum Jahresende erhalten bleiben, könnte der Wert um bis zu 7 Prozent sinken.
Greenpeace befürchtet Bumerang-Effekt
Die transnationale Non-Profit-Organisation Greenpeace befürchtet hingegen, dass die Corona-Krise den CO2-Ausstoß mittel- bis langfristig sogar befeuern könnte. Demnach sinken aufgrund der Angst vor Ansteckungen die Fahrgastzahlen bei öffentlichen Verkehrsmitteln, und Menschen nutzen wieder verstärkt das Auto. Dies, so die Berechnungen von Greenpeace, könnte zu jährlich drei Millionen zusätzlichen Tonnen CO2 führen. Die Organisation fordert daher die Politik dazu auf, insbesondere in Großstädten mehr Platz für Fußgänger und Fahrradfahrer zu schaffen.
Ferner, so die Argumentation von Greenpeace, könnten andere Städte und Länder als Vorbild dienen. So gebe es unter anderem in Madrid und Mailand genügend Rad- und Fußwege. Auch die Deutsche Bahn befürchtet Einbußen im Personenverkehr. Um Hygienestandards einzuhalten sowie das Vertrauen der Kunden zu gewinnen erhöht der Konzern die Zahl der Reinigungskräfte.
Bis dato scheint der Emissionsausstoß im Angesicht der Corona-Pandemie global zu sinken. Zumindest für den Moment. Ob nachhaltige Effekte eintreten, wird sich unterdessen erst noch zeigen müssen.
Bild: Kevin Gill/Flickr