Während der Begriff „Social Distancing“ in Zeiten der Coronapandemie weite Teile des Lebens bestimmt, haben Forscher ein ähnliches Verhalten bei Bienen beobachtet.
Die Übertragung von Infektionen wird erleichtert, wenn Individuen auf engem Raum zusammenleben. Dies haben wohl auch die Honigbienen verstanden. Eine Studie zeigt nun, wie die Insekten bei Parasitenbefall ihres Stocks, einen Kompromiss zwischen Abstand und Pflege ihrer Artgenossen finden, um die Ausbreitung des Parasiten zu verhindern.
Infektion verändert soziales Leben
Die Milbe Varroa Destructor ist eine der größten gesundheitlichen Problemherde für Insekten weltweit. Sie wird durch Arbeiterbienen in einen Stock eingeschleppt und verursacht verschiedene gesundheitsgefährdende Effekte. Der Parasit infiziert im Bienenstock die Larven und wird mit diesen in die Gemeinschaft entlassen, wo er weitere Tiere infiziert. Neben Wasser, welches der Parasit der Biene entzieht, ist er ein wichtiger Faktor bei der Ausbreitung von viralen Infektionen, welche verheerende Effekte in einer Kolonie verursachen können.
Der Befall eines Bienenstocks durch die V. destructor wurde von einem Team von Wissenschaftlern um Michelina Pusceddu der Universität Sassari beobachtet und analysiert, um mehr über das Sozialverhalten von Insekten bei Infektionen zu erfahren. Dabei fanden sie heraus, dass „Honigbienen auf das Eindringen von V. destructor reagieren, indem sie die Platznutzung und sozialen Interaktionen veränderten, um das Social Distancing zwischen jungen und alten Gruppen von Bienen zu verbessern“, schreiben die Forscher in ihrer Veröffentlichung.
Bienen tanzen den Futtertanz in der Peripherie
Um ihre Hypothese zu testen, beobachte das Team zuerst Bienenstöcke in der Natur und später unter Laborbedingungen. Dabei konnten sie zwei Mechanismen identifizieren, die dem Parasiten bei der Ausbreitung halfen. Der Erste ist der sogenannte „Futtertanz“. Wenn eine Biene eine Nahrungsquelle erkannt hat, führt sie im Stock einen Tanz auf, der anderen Sucherbienen den Weg zu der Quelle leitet.
Da dies oft in Nähe zu den Larven stattfindet, ist es eine perfekte Ausgangslage für die Ausbreitung des Krankheitserregers. Deswegen vermuten die Forscher, dass „die Fresser unter dem Druck des Parasiten ihre Raumnutzung ändern, in dem sie die Tänze an die Peripherie der Kolonie verlagern“, so die Studie.
Eine weitere Hypothese behandelt das Putzen und Füttern von Bienen. Wie die Forscher erwarteten, zeigten die Bienenkolonien mehr „Allogrooming“ unter den Artgenossen, welches das gegenseitige Putzen und Entfernen von Erregern beschreibt. Allerdings stellten sie auch fest, dass etwa das Füttern ihrer Larven verstärkt wurde, was die Verbreitung des Parasiten eher begünstigt. Allerdings vermuten die Experten, dass die soziale Interaktion überlebenswichtig für die Kolonie ist und auch deswegen weiterhin verstärkt durchgeführt wird.
Auch Rückschlüsse auf Corona-Pandemie
Sie sehen in ihrer Studie auch aktuelle Maßnahmen der Pandemiebekämpfung als bestätigt. „Social Distancing als Verhaltensreaktion auf Krankheiten ist sicherlich für alle sozialen Lebewesen kostspielig, wie auch die Menschheit während der aktuellen Covid-19-Pandemie erfahren muss. Aber die weitverbreitete Anwendung in der Natur legt nahe, dass der Nutzen die Kosten überwiegen könnten“, so die Veröffentlichung.
Den Beobachtungen zu Folge, ist die Fähigkeit von sozialen Insekten ihre Sozialstruktur zu verändern, essenziell für die Senkung des Übertragungsrisikos bei Infektionen. Durch die Veränderung können sie den Nutzen von sozialer Interaktion maximieren, während sie das Infektionsrisiko senken.
Als Resultat schreiben die Wissenschaftler: „Zusammenfassend lässt sich sagen, dass unsere Ergebnisse zur sozialen Immunität (…) darauf hindeuten, dass die V. destructor Milbe eine Reaktion der räumlichen und sozialen Trennung von Honigbienen auslöst.“
Bild von David Hablützel auf Pixabay