Zahlreiche Amphibien und Insekten sind giftig. Das ist vermutlich den meisten Menschen bekannt, die Tiere benötigen das Gift entweder für die Jagd oder zum Eigenschutz. Doch dass auch einige Vogelarten giftig sein können, war bisher unklar.
Forscher entdeckten nun bei zwei Vogelarten ein Nervengift im Gefieder der Tiere. Ihre Untersuchungsergebnisse veröffentlichten Kasun H. Hodawatta, Haofu Hu und neun weitere Autoren in Form einer Studie im Fachmagazin Molecular Ecology.
Ziel der Untersuchungen war es, herauszufinden, wie sich Gifte in der Tierwelt weiterentwickeln, beschreibt Hodawatta: „Die Toxizität hat sich mehrmals im gesamten Baum des Lebens entwickelt und erfüllt wichtige Funktionen im Zusammenhang mit Jagd, Verteidigung und Parasitenabschreckung. Toxine werden entweder in situ vom toxischen Organismus selbst oder den damit verbundenen Symbionten produziert oder durch die Ernährung erworben.“
Nervengift in Neuguinea
Den Forschern war bereits bekannt, dass der in Neuguinea ansässige Pitohui ein Gift auf seinen Federn trägt. Auf der Suche nach weiteren giftigen Vogelarten stießen die Forscher im Dschungel auf den Bergdickkopf – Pachycephala schlegelii und den Rotnackenpfeifer – Aleadryas rufinucha.
Für ihre Untersuchungen sammelten sie Federn von 27 verschiedenen Vogelarten. Diese untersuchten sie auf verschiedene Gifte. Bei den genannten Spezies zeigte sich, dass ihr Gefieder mit dem Neurotoxin Batrachotoxin benetzt war. Dieses Nervengift ist bereits durch den südamerikanischen Pfeilgiftfrosch bekannt.
„Unsere Arbeit dokumentiert zwei neue toxische Vogelarten und zeigt, dass toxische Vögel mehrere Mutationen im SCN4A-Gen tragen […]. Obwohl sich diese Mutationen von denen unterscheiden, die in neotropischen Phyllobates-Giftpfeilfröschen vorhanden sind, treten sie in den gleichen Segmenten auf.“
Kommen Menschen oder andere Tiere mit seiner Haut in Berührung, sind Schmerzen, Juckreiz und Lähmungen die Folge. In hoher Dosis könnte das Gift sogar zu Krampfanfällen und einem Herzstillstand in Folge von Muskelversagen führen.
Nicht gefährlich, aber unangenehm
Ähnlich wie auch andere Tierarten scheinen die Vögel das Gift zum Eigenschutz zu produzieren. Die Konzentration ist sehr gering und wird auf etwa ein Nanogramm pro Milligramm Federgewicht geschätzt.
Für Menschen stellen die Vögel allerdings keine Gefahr dar. Dennoch waren die Untersuchungen der Tiere für die Wissenschaftler nicht angenehm. Auch sie litten unter Juckreiz und einem Kribbeln auf der Haut. Für Insekten oder kleine Säugetiere, die mit den Federn in Berührung kommen würden, wären die Folgen in jedem Fall schwerwiegender.
Die Vögel produzieren ihr Gift über ihre Nahrung
Nachdem die Forscher das Gift nun auch bei Vögeln nachgewiesen hatten, galt es herauszufinden, wie die Tiere dazu kommen. Dazu untersuchten sie einige tote Exemplare und wurden sofort fündig.
Im Magen der Vögel fanden sich Rückstände einer Insektenart namens Choresine. Diese enthalten das Gift Batrachotoxin. Nun wird vermutet, dass die giftigen Vogelarten das Nervengift genau wie der Giftpfeilfrosch herstellen, über die Nahrungsaufnahme.
Infolgedessen stellte sich jetzt jedoch die Frage, warum die Tiere nicht selbst unter den Folgen des Giftes leiden, wenn sie die giftigen Insekten fressen. Das ließ sich durch eine einfache Untersuchung beantworten. Die Wissenschaftler erforschten die Tiere auf Genmutationen: „Die Vögel haben tatsächlich Mutationen in den Genen, die die Natriumkanäle regulieren – aber sie liegen an anderen Stellen als bei den Fröschen“
Ähnlich wie bei den giftigen Fröschen, fand der Körper der Vögel also einen Weg, gegen das Gift immun zu werden. Die Forscher beschreiben diese Weiterentwicklung als konvergente Evolution und gehen davon aus, dass auch zahlreiche andere Vogelarten diesen Abwehrmechanismus anwenden würden.