Der Mensch gefährdet das Überleben der Kegelrobbe. Forscher der Universität von Göteborg weisen in einer neuen Studie darauf hin, dass die derzeitig erlaubte Jagdquote von etwa 3.000 Tieren pro Jahr das langfristige Überleben der Säugetiere in der Ostsee gefährdet. Die Ergebnisse der Untersuchungen basieren auf Statistiken aus dem Robbenfang im 20. Jahrhundert und Vorhersagen über zukünftige Klimaveränderungen.
Robbenart war schon in den 70ern gefährdet
Die Kegelrobben in der Ostsee sind genetisch isoliert von den nächstgelegenen Populationen im Atlantik. Sie sind im Allgemeinen etwas kleiner und können im Gegensatz zu ausschließlich an Land brütenden Robben, die auf den Britischen Inseln zu finden sind, sowohl auf Treibeis als auch an Land gebären. Doch die Art ist möglicherweise gefährdet. Zu Beginn der 1900er Jahre waren wohl mehr als 90.000 Kegelrobben in der Ostsee heimisch. Dies änderte sich in den 1970er Jahren, als aufgrund intensiver Jagd und Umweltverschmutzung (durch Giftstoffe wie PCBs) nur noch 5.000 Tiere übrig blieben. Seitdem hat sich die Population teilweise erholt und umfasst heute insgesamt etwa 55.000 Robben.
Die Klimaerwärmung und ein Mangel an geeigneter Beute machen den Tieren allerdings zu schaffen. Schließlich haben die Jungen der Kegelrobben aus der Ostsee eine größere Überlebenschance, wenn sie auf dem Meereis und nicht an Land geboren werden. Auf Eisschollen können sich Mutter und Jungtiere über ein größeres Gebiet verteilen, und die Jungtiere sind weniger Gefahren durch andere Raubtiere, Menschen oder Infektionen ausgesetzt, die sich in dichten Robbenkolonien an Land leicht verbreiten. Umso dramatischer sind die Folgen von weniger Meereis. In dieser Situation könnte eine erhöhte Robbenjagd dazu führen, dass die Population erneut abnimmt.
Erlaubte Jagdquote zu hoch
Derzeit werden rund 1.500 Kegelrobben jährlich getötet. Offiziell erlaubt sind aber noch deutlich mehr. Mit der Zunahme der Robbenpopulation ist auch der Konflikt mit der Fischereiindustrie gewachsen, und im Jahr 2020 wurde die Schutzjagd durch eine Lizenzjagd in Finnland und Schweden ergänzt. So umfasst die derzeitig erlaubte Jagdquote 3.000 Tiere. „Es hat drei Generationen gedauert, bis sich die Kegelrobbe erholt hat.“, so Hauptautor Daire Carroll in einer Pressemitteilung. „Die Robbenpopulation wächst jetzt, aber unsere Forschung zeigt, dass das Überleben der Kegelrobbe in der Ostsee erneut bedroht ist, wenn die derzeitige Jagdquote von 3.000 Tieren pro Jahr erfüllt wird“.
Für ihre Untersuchungen haben die schwedischen Forscher ein mathematisches Modell für das Wachstum der Population erstellt und verschiedene Szenarien für die Zukunft untersucht. Hierbei haben sie den Einfluss verschiedener Jagdquoten, unterschiedlicher Nahrungsverfügbarkeiten und die Folgen von weniger Meereis berücksichtigt.
„Wir haben festgestellt, dass die Tötung von 3.000 Robben pro Jahr immer zu einem Rückgang der Robbenpopulation führt, selbst bei den optimistischsten Szenarien für das Klima und die Meeresumwelt. Unsere Schlussfolgerung ist, dass die derzeitige Jagdquote in der Ostsee nicht nachhaltig ist. Wenn sich die Robbenpopulation weiter erholen soll, dürfen maximal 1.900 Tiere bejagt werden. Wenn es jedoch andere Umweltveränderungen gibt, die sich negativ auf die Population auswirken, sollte auch diese Zahl reduziert werden“, so Carroll.
Ökologie-Professorin Karin Hårding ergänzt: „Die Tötung einzelner Robben, die Fischereigeräte aufsuchen oder zerstören, war schon immer erlaubt und ist für das Überleben der Population unproblematisch. Es handelte sich um einige hundert Tiere pro Jahr und betraf nicht ganze Robbengruppen. Aber die neue lizenzierte Jagd ist anders, sie könnte das Überleben der Kegelrobbe hart treffen“.
Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Forscher im Fachmagazin Journal of Animal Ecology.