Ein internationales Forscherteam hat zirkulierende Meeresströmungen unter dem Thwaites-Gletscher in der Antarktis entdeckt. Die Strömungen leiten offenbar warmes Wasser in die Gebiete unter dem Schelfeis und tragen so zum Schmelzprozess bei. Die Wissenschaftler veröffentlichten ihre Ergebnisse im Fachmagazin Nature Communications.
Satellitendaten zur Schmelzwassermessung
Der Thwaites-Gletscher ist als eines der größten Schelfeisgebiete in der Westantarktis bekannt. Aufgrund seines erheblichen Rückgangs in den vergangenen 20 Jahren wird dieses Gebiet von Sensoren unter der Eisdecke überwacht. Über ein Jahr lang wurden sensorischen Daten von Satelliten übertragen, mithilfe derer die Temperatur und der Schmelzwassergehalt ermittelt wurde. Dabei konnten die Forschenden erheblich erwärmtes Wasser mit hohen Anteilen an Gletscherschmelzwasser identifizieren.
Der Transport der wärmeren Wasserschichten unter das Schelfeis wird nach Aussagen der Studienautoren zumeist durch „polare Ozeanwirbel begünstigt, die durch eine Meereisbedeckung abgeschwächt werden können“. Mithilfe von Computersimulationen war festzustellen, dass die wärmeren Wasserschichten aus anderen Gebieten, wie dem Pine-Island-Schelfeis stammen und über lokale ozeanische Zirkulationen unterhalb des Thwaites-Schelfeises gelangen können.
„Das zirkumpolare Tiefenwasser, eine warme Variante des antarktischen Wassers, spielt eine Schlüsselrolle beim Schmelzen der Basis von Schelfeis. In dieser Studie zeigen wir jedoch, dass ein großer Teil der Wärme in den flachen Schichten unter einem Schelfeis durch Wasser von anderen schmelzenden Schelfeisen in der Nähe geliefert werden kann“, so Studienleiter Dr. Tiago Dotto der britischen East Anglia Universität in einer Pressemitteilung. „Was also mit einem Schelfeis passiert, kann sich auf das benachbarte Schelfeis auswirken und so weiter. Dieser Prozess ist für Regionen mit starkem Schelfeisschmelzen wie die Amundsen-See wichtig, weil ein Schelfeis neben dem anderen liegt und der Wärmeexport von einem Schelfeis über die Ozeanzirkulation das nächste erreichen kann“.
Anstieg des globalen Meeresspiegels
Die Experten vermuten eine Vermischung unterschiedlich warmer Wasserschichten durch die Wasserzirkulation. Die Mischung des Gletscherschmelzwassers mit Salzwasser bildet dabei eine Wasserschicht, die wärmer ist als das umgebende Wasser und so das Thwaites-Schelfeis zum Schmelzen bringen kann. Das zusätzliche Schmelzwasser kann dabei zu erhöhter Temperatur und erhöhter Zirkulation unter der Eisschicht führen.
Die Messungen, die zwischen 2020 und 2021 durchgeführt wurden, zeigen eine deutliche Erwärmung der Schmelzeisschicht und einen Anstieg des Schmelzwasseranteils um das Gebiet des Thwaites-Gletschers. Damit offenbart die Studie die Empfindlichkeit der Ozeanzirkulation unter dem Schelfeis und beweist die Auswirkungen der Erderwärmung. Dabei trägt der Rückgang des Gletschers unter den antarktischen Gletschern mit am meisten zum Anstieg des globalen Meeresspiegels bei.
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