Dass vor allem tierische Meeresbewohner stark von der Verbreitung von Mikroplastik betroffen sind, ist wissenschaftlich erwiesen. Man befürchtet, dass auch der Mensch den Kunststoff in den Organismus aufnehmen könnte. Das war bisher aber eine reine Vermutung. In einer Pilotstudie aus Österreich konnte nun der besorgniserregende Beweis erbracht werden.
Die Studie wurde an der Medizinischen Universität Wien, gemeinsam mit dem österreichischen Bundesumweltamt, durchgeführt. Nach eigenen Angaben konnten die Wissenschaftler zum ersten Mal Mikroplastik in menschlichen Stuhlproben nachweisen. Die Studienteilnehmer waren zwischen 33 und 65 Jahre alt, sie lebten auf unterschiedlichen Kontinenten und kannten sich nicht. Eine Woche lang führten sie ein Ernährungstagebuch. Alle Probanden konsumierten in der Zeit Getränke aus PET-Flaschen oder in Plastik verpackte Lebensmittel. Zusätzlich aß der Großteil von ihnen auch Meeresfrüchte und Fisch, kein Teilnehmer lebte rein vegetarisch. Am Ende der Woche gaben alle eine Stuhlprobe ab. In acht der Proben fand man eindeutig Mikroplastik.
Neun verschiedene Kunststoffe im Menschen gefunden
Die Studie konnte aber nicht nur das Vorkommen von Mikroplastik im menschlichen Organismus nachweisen, sondern auch bestimmen, um welche Arten des Kunststoffs es sich handelt. Bettina Liebmann, Expertin für die Analyse von Mikroplastik im Bundesumweltamt erklärte: „In unserem Labor konnten wir neun verschiedene Kunststoffarten in der Größe von 50 bis 500 Mikrometer nachweisen.“ Selbst die Wissenschaftler waren von der Vielfalt der Kunststoffe überrascht. Am häufigsten vertreten war Polyethylenterephthalat (PET), was vor allem in Plastikflaschen zum Einsatz kommt, und Polypropylen (PP), welches in vielen Lebensmittelverpackungen enthalten ist. Da die Probandengruppe recht klein war, konnte mit der Studie kein eindeutiger Zusammenhang zwischen dem Vorkommen von Mikroplastik in den Stuhlproben und dem Ernährungs- und Trinkverhalten der Studienteilnehmer belegt werden. Das liegt auch daran, dass die Forschung zu Mikroplastik im menschlichen Organismus bisher noch nicht besonders fortgeschritten ist. Da man sich kaum auf andere wissenschaftliche Untersuchungen stützen konnte, konzentrierte man sich zunächst auf eine kleine Gruppe von Probanden.
Weitere Forschung nötig, um die Risiken einschätzen zu können
Die genauen Ergebnisse werden in Kürze bei einem Kongress in Wien vorgestellt, eine wissenschaftliche Publikation soll bald folgen. Danach wollen die Wissenschaftler eine größere Studie beantragen, um ihre jetzigen Ergebnisse zu untermauern und zu spezifizieren. Denn zurzeit steckt die Forschung zur Herkunft, Verteilung und den Folgen von Mikroplastik noch in den Kinderschuhen. In anderen Studien an Tieren fand man die höchsten Mikroplastikkonzentrationen im Magen-Darm-Trakt nachgewiesen werden. Man fand aber auch Spuren von Plastik im Blut, den Lymphen und sogar in der Leber. „Obwohl es erste Anzeichen gibt, dass Mikroplastik durch die Begünstigung von Entzündungsreaktionen oder Aufnahme schädigender Begleitstoffe den Magen-Darm-Trakt schädigen kann, sind jedenfalls weitere Studien notwendig, um potenzielle Gefahren von Mikroplastik für den Menschen abzuschätzen“, erklärt Philipp Schwabe, Erstautor der Studie.
Mikroplastik ist nicht nur in Kosmetik und PET-Flaschen enthalten
In der Öffentlichkeit wird Mikroplastik häufig mit dem Einsatz in Kosmetik, wie Peelings und Zahnpasta in Verbindung gebracht. Es gelangt aber auch durch den massiven Einsatz von Plastikverpackungen, die Zerkleinerung von Bauschutt und den Abrieb von Autoreifen in die Umwelt. Besonders häufig ist Mikroplastik in Gewässern und in Meerestieren zu finden. Eine aktuelle Studie von Wasserverbänden, Abfallentsorgern, Chemie, Kosmetikherstellern und Hochschulen hat ergeben, dass allein in Deutschland jährlich 330.000 Tonnen primäres Mikroplastik freigesetzt werden. Sekundäres Mikroplastik entsteht, wenn sich größere Plastikteile durch Verwitterung und Zerfall langsam in einzelne Bestandteile auflösen. Um das Problem Mikroplastik anzugehen, hat das deutsche Forschungsministerium erst kürzlich ein großes Programm ins Leben gerufen. Rund 18 Projekte mit über 100 Partnern aus Wissenschaft, Verbänden, Kommunen und Wirtschaft werden in Zukunft untersuchen, wie Kunststoffe so produziert werden können, dass möglichst wenig Kunststoff in die Umwelt und damit in auch den menschlichen Organismus übergeht.