Zum ersten Mal haben Wissenschaftler des Ecosystems Center am Marine Biological Laboratory (MBL) von der Universität Chicago den Wechsel von Tag und Nacht in ein globales Ozeanmodell integriert, um seine Auswirkungen auf das Phytoplankton zu untersuchen. Ihre Studie, die in der Zeitschrift Global Ecology and Biogeography veröffentlicht wurde, ist die erste, die untersucht, wie der Tag-Nacht-Zyklus die Biogeografie und Vielfalt dieser sogennten Primärproduzenten beeinflusst.
Computersimulation offenbart großen Einfluss des Tag-Nacht-Zyklus
Phytoplankton ist die Grundlage allen Lebens auf unserem Planeten. Zu verstehen, wie diese photosynthetischen Organismen auf ihre Meeresumwelt reagieren, ist wichtig, um den Rest des Nahrungsnetzes zu verstehen. Trotzdem berücksichtigen Computermodelle der Biogeochemie des globalen Ozeans in der Regel nicht den Tag-Nacht-Lichtzyklus, obwohl dieser Zyklus für die Photosynthese der Primärproduzenten im Ozean entscheidend ist.
„Wir wissen, dass viele Merkmale der verschiedenen Phytoplanktonarten auf dem Tag-Nacht-Zyklus beruhen. Einige Dinoflagelleten gehen tiefer [in die Wassersäule], um mehr Nährstoffe zu erhalten, und steigen dann nach oben, um Photosynthese zu betreiben. Andere speichern tagsüber Kohlenstoff, um ihn nachts zu nutzen“, so Ioannis Tsakalakis, MBL-Postdoktorand und Erstautor der Studie. So habe der Tag-Nacht-Zyklus einen erheblichen Einfluss auf die Verteilung und Vielfalt des Phytoplanktons. Derzeitige Modelle würden die Produktivität in einigen Regionen des Ozeans möglicherweise überschätzen, während sie in anderen Regionen unterschätzt wird.
Das Modell bot 15 simulierten Phytoplanktonarten natürliche Licht- und Dunkelheitszyklen über dem globalen Ozean. Anschließend wurde es mit einer Kontrollsimulation verglichen, bei der dasselbe Planktonmodell verwendet wurde, das jedoch mit Licht beleuchtet wurde, das über 24 Stunden gemittelt wurde. Ziel war es, herauszufinden, wie die Lichtzyklen die Produktivität des Phytoplanktons beeinflussen und die Dynamik der Nährstoffkonzentration verändern.
Wettbewerb der Opportunisten und Sammler
Das simulierte Phytoplankton wies unterschiedliche Zellgrößen auf und wurde in zwei verschiedene Gruppen mit zwei unterschiedlichen ökologischen Strategien unterteilt. „Sammler“ simulierten kleinere Zellen mit hoher Nährstoffaffinität (d. h. sie konnten Nährstoffe aus der Wassersäule aufnehmen, auch wenn diese Nährstoffe in geringen Mengen vorhanden waren), aber langsamem Wachstum. „Opportunisten“ auf der anderen Seite simulierten größere Zellen mit höherer maximaler Wachstumsrate, aber geringer Nährstoffaffinität (d. h. sie benötigten mehr Nährstoffe für ihr Wachstum).
Die Analyse ergab, dass die Opportunisten im Allgemeinen besser mit den Lichtzyklen zurechtkamen als die Nachsammler. Dies lag daran, dass diese Phytoplanktonarten tagsüber, wenn das Licht reichlich vorhanden und die Wachstumsraten hoch waren, in der Lage waren, Sammler um Ressourcen zu verdrängen. Nachts jedoch, wenn das Licht begrenzt war, hatten die Sammler eine Chance zu gedeihen, da sie auch bei niedrigen Nährstoffkonzentrationen noch wachsen konnten. Dies führte zu einer höheren Gesamtproduktivität in den Simulationen mit den Lichtzyklen im Vergleich zu den Kontrollsimulationen. Dabei variierten die spezifischen Ergebnisse allerdings je nach der simulierten Planktonart.
Angesichts des fortschreitenden Klimawandels sei das Verständnis der Funktionsweise des Ozeans von entscheidender Bedeutung, um zu verstehen, wie sich die globale Erwärmung und das erhöhte Kohlendioxid auf ihn auswirken. „Dieses Modell trägt dazu bei, unser grundlegendes Verständnis der Funktionsweise des Ozeans zu verbessern“, so MBL Wissenschaftler Joe Vallino. So sollen bessere Ozeanmodelle dazu beitragen, mögliche Lösungen für den Klimawandel zu untersuchen und gleichzeitig unbeabsichtigte Folgen zu minimieren. „Wenn man vorhersagen kann, wie sich die Verteilung des Phytoplanktons verändert, wird das Auswirkungen auf die höheren Ebenen des Nahrungsnetzes haben“, so Vallino weiter. „Wenn man diese grundlegende Veränderung nicht in den Griff bekommt, kann man auch nichts erreichen, was darüber hinausgeht“.
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