In der Natur haben nur wenige Tiere die Möglichkeit, sich selbst zu befruchten. Unter anderem geschieht das bei Schlangen, Eidechsen und wenigen Vögeln. Forscher dokumentierten nun die erste Jungfernzeugung bei einem Krokodil. Das 18-jährige Krokodilweibchen hatte sich bisher noch nie mit einem Männchen gepaart und legte dennoch teils befruchtete Eier. Ihre Beobachtungen und Untersuchungen veröffentlichte das Team über Biology Letters.
Ein seltenes Szenario: Jungfräuliches Muttertier legt Eier
Von einer Parthenogenese spricht man, wenn ein weibliches Tier die eigenen Eizellen selbst befruchtet. Dabei muss keine sexuelle Fortpflanzung mit einem männlichen Tier stattfinden. Diese „unisexuelle Fortpflanzung“ findet bei Wirbeltieren eigentlich kaum statt.
Das Forschungsteam hinter Dr. Warren Booth vom Virginia Polytechnic Institute beobachtete die Parthenogenese bei einem Spitzkrokodil, das in einem Reptilpark in Costa Rica lebt. Die Tierforscher beschreiben, dass eine natürliche Befruchtung ausgeschlossen ist: „Dieses Weibchen wurde aufgenommen, als es 2 Jahre alt war (2002) und wurde sein ganzes Leben lang von anderen Krokodilen isoliert gehalten.“
Das Krokodilweibchen legte nach 16 Jahren Isolation 14 Eier. Die Tierpfleger und Ärzte gingen davon aus, dass sieben davon befruchtet waren. „Die befruchteten Eier wurden künstlich inkubiert. Nach drei Monaten Inkubation waren die Eier nicht geschlüpft und wurden geöffnet, um ihren Inhalt zu beurteilen.“ Bei genauerer Betrachtung der Eier stellen sie dann fest, dass nur eins der Eier einen Fötus in sich getragen hatte. Das weibliche Tier war eine Totgeburt und laut tierärztlicher Untersuchung nicht lebensfähig gewesen.
Der Fötus ist eine Kopie der Mutter
Um die Parthenogenese nun auch auf wissenschaftlicher Basis beweisen zu können, untersuchte das Team das Jungtier anhand seiner DNA. Dabei stellten sie fest, dass das Weibchen ein echter Klon seiner Mutter ist.
Sie sahen eine über 99-prozentige Übereinstimmung der mütterlichen DNA. Da sie keine weiteren DNA-Spuren fanden, sehen sie in den Untersuchungen den Beweis für eine Jungfernzeugung: „Hier liefern wir unter Verwendung von Daten zur Sequenzierung des gesamten Genoms, soweit wir wissen, den ersten Beweis für FP (Parthenogenese) in einem Krokodil, dem amerikanischen Krokodil, Crocodylus acutus.“
Das Geschlecht des Tieres ist bei Krokodilen nicht von der DNA abhängig. Stattdessen wird es von der Temperatur beeinflusst, die während der Embryonalentwicklung herrscht. Deshalb hat ein Wurf einer Krokodildame in der Regel nur gleichgeschlechtliche Geschwister.
Besaßen bereits Dinosaurier die Fähigkeit der Jungfernzeugung?
Die Biologen gehen davon aus, dass die Parthenogenese tief im Stammbaum einiger Tiere verwurzelt ist. Krokodile sind weit entfernte Verwandte der Dinosaurier und Flugsaurier. Die Wissenschaftler erläutern in ihrer Studie ihre Gedanken dazu: „Da FP jetzt in den beiden Hauptzweigen der erhaltenen Archosaurier dokumentiert ist, bietet diese Entdeckung verlockende Einblicke in die möglichen Fortpflanzungsfähigkeiten der ausgestorbenen archosaurischen Verwandten von Krokodilen und Vögeln, insbesondere von Mitgliedern von Pterosauria und Dinosauria.“ So scheint es möglich, dass auch Dinosaurier bereits Jungfernzeugungen nutzen, um sich fortzupflanzen.