Am Mittwoch beschloss das Bundeskabinett, neun Milliarden Euro in die Wasserstoff-Industrie zu investieren. Der Plan sei es, weltweit technologieführend zu werden. Wie aktuelle Erhebungen nahelegen, sind die Pläne durchaus realistisch, denn bereits heute spielt Deutschland eine wichtige Rolle.
Bis zum Jahr 2040 sollen Elektrolyse-Kapazitäten von zehn Gigawatt aufgebaut werden, so die Äußerungen des Kabinetts. Grüner Wasserstoff – also jener, der mit Hilfe von Wind- oder Sonnenstrom erzeugt wird – gilt als außerordentlich wichtig, um die Klimaziele zu erreichen. Nach einer Studie des Fraunhofer-Instituts könne die globale Erwärmung nur ausreichend gesenkt werden, wenn eine nachhaltige Energiekreislaufwirtschaft installiert werde, die „in erheblichem Maß auf Wasserstoff basiert“, wie European Scientist bereits Anfang Mai berichtete.
Ziel der politischen Entscheidungsträger ist es, einerseits Investitionen zu fördern, andererseits auch einen Markt für Wasserstoff zu schaffen. Durch unterschiedliche Anreize soll es für Unternehmen attraktiver werden, in großem Stil auf die Wasserstoff-Produktion zu setzen. Anwendung könne die Technologie in zahlreichen Branchen finden. Das Kabinett spricht von dem Einsatz in der Stahl,- Chemie und Zementbranche, aber auch im Bereich der Mobilität.
Opposition übt Kritik an Bundesregierung
Indes werden die Maßnahmen nicht nur wohlwollend zur Kenntnis genommen. So schrieb FDP-Chef Christian Lindner auf Twitter, dass die Wasserstoff-Strategie „größtenteils aus Prüfaufträgen“ bestehe. Seiner Meinung nach habe die Regierung zu viel Zeit verstreichen lassen, und sei zulange untätig gewesen.
Bei einem internationalen Vergleich tritt hingegen zutage, dass Deutschland durchaus eine Vorreiterrolle innehat. Gemäß einer „Block-Builders“-Erhebung ist die Bundesrepublik weltweit das Land mit den drittmeisten Brennstoffzellen-Patenten. Auch hinsichtlich des Ausbaus der Infrastruktur belege Deutschland eine Spitzenposition – so gebe es hierzulande 84 aktive Wasserstoff-Tankstellen, in den restlichen europäischen Staaten hingegen in Summe nur 38.
Wasserstoff-Technologie könnte zu großen Umbrüchen führen
Nach Daten und Modellrechnungen der Unternehmensberatung „Roland Berger“ könnten im Jahr 2050 bereits 35 Prozent aller Kraftfahrzeuge mit Wasserstoff-Antrieb ausgestattet sein. Demnach steige die gesamte Wasserstoff-Nachfrage auf bis zu 21.667 TWh. Dies entspräche einem Anstieg von bis zu 875 Prozent.
Die ambitionierten Pläne des Bundeskabinetts, zum Weltmarktführer zu werden, sehen weitreichende Kooperationen vor. So betonte Entwicklungsminister Gerd Müller, dass es ohne die Sonne Afrikas nicht möglich sei, die Ziele zu erreichen. So soll mittel- bis langfristig Wasserstoff aus anderen Staaten importiert werden. Umweltverbände kritisieren hierbei wiederum, dass auch Wasserstoff importiert werden soll, der aus Erdgas erzeugt wird. Nach Auffassung von Greenpeace verschleiere die Regierung hierbei Risiken. „Endlich erkennt die Bundesregierung an, dass echter Klimaschutz nur mit Grünem Wasserstoff gelingen kann. Das ist erfreulich. Umso kritischer finden wir, dass sie in ihrer Nationalen Wasserstoffstrategie trotzdem massiv auf Blauen Wasserstoff setzt – und damit auf eine klimaschädliche Scheinlösung“, so die Organisation in einer Pressemitteilung.
Inwiefern die Investitionen der Regierung Früchte tragen, wird sich unterdessen noch zeigen müssen. Dass die Wasserstoff-Technologie künftig eine wichtige Rolle spielen wird, hierin scheinen sich die meisten Experten einig zu sein.
Bild: BMWi