Die Pandemie hat erhebliche Auswirkungen auf das Arbeitsleben. Eine neue Studie der Hans-Böckler-Stiftung zeigt nun, dass die Corona-Krise diejenigen besonders hart trifft, welche bereits vorher finanziell schlecht dastanden. Dies sei äußerst besorgniserregend, wie die Stiftung betont. Zudem verschärfe sich die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern.
Die Stiftung befragte 25.000 Personen, die Ergebnisse sind repräsentativ. Mehr als ein Drittel gab an, durch die Pandemie von finanziellen Einbußen betroffen zu sein. Personen aus dem Gastgewerbe, freiberuflich Tätige und Selbstständige hätten überdurchschnittlich häufig Einbußen in Kauf zu nehmen. Zudem treffe die Entwicklung insbesondere Personen, die bereits vor der Krise in prekären Beschäftigungsverhältnissen waren. Je weniger Einkommen eine Person vor der Covid19-Krise hatte, desto stärker sind auch nun die finanziellen Verluste.
Zwischen den Jahren 2010 und 2017 habe die Einkommensungleichheit sogar abgenommen. Die Pandemie setzte indes eine Trendumkehr in Gang. Die wissenschaftliche Direktorin der Stiftung, Bettina Kohlrausch, sieht einen Grund für die Entwicklung in den Regelungen des Arbeitsmarktes. Untere Einkommensschichten würden häufig „nur unzureichend durch Schutzmechanismen in den Sozialversicherungen oder durch Tarifverträge erfasst, die viele Beschäftigte im mittleren Einkommensbereich bisher recht effektiv vor drastischen Einkommenseinbußen bewahrt haben“.
Wachsende Kluft
Andreas Hövermann, seines Zeichens Ko-Autor der Studie, spricht von einer besorgniserregenden Entwicklung. Für zahlreiche Menschen sei die Situation existenzbedrohend. Die Gesamtgesellschaft könne hiervon sogar destabilisiert werden. So seien jene, welche besonders unter den Maßnahmen im Angesicht der Krise zu leiden haben, besonders empfänglich für Verschwörungsideologien. 40,3 Prozent der Erwerbstätigen und Arbeitslosen stimmten im Juni 2020 der Aussage zu, dass es vorstellbar sei, dass die Pandemie von Eliten benutzt wird, um die Interessen der Reichen und Mächtigen durchzusetzen. Auch das demokratische System an sich werde von jenen Betroffenen häufiger angezweifelt.
Zudem geht aus der Studie hervor, dass es bei Partnerschaften zu einer „Retraditionalisierung“ kommt. Konkret bedeutet dies, dass die Frauen derzeit häufiger unbezahlte Tätigkeiten wie Haushalt und familiäre Sorgearbeit übernehmen, als die Männer – die wohlgemerkt auch bei Paaren, die sich die Aufgaben vor der Pandemie teilten. „Nur 60 Prozent der Paare mit Kindern unter 14 Jahren, welche sich die Sorgearbeit vor der Corona-Krise fair geteilt haben, tun dies auch während der Krise“, so die Stiftung in der zur Studie publizierten Pressemitteilung. Bei gering verdienenden Paaren seien es nur 48 Prozent.
Die Sozialwissenschaftler konstatieren, dass Schließungen von Kitas und Schulen den Druck auf Familien zusätzlich erhöhen. Insbesondere für die unteren Einkommensgruppen seien daher höhere finanzielle Zuwendungen notwendig.
Appell an Politik
Indes fordert Kohlrausch ein rasches Handeln der Politik. Es müsse flächendeckende Kollektiv- oder Tarifverträge geben. Außerdem gelte es, Haushalte mit geringerem Einkommen noch besser vor Verlusten zu schützen. Die Bundesregierung verweist indes auf bereits verabschiedete Maßnahmen. So sei beispielsweise bereits der Zugang zur Grundsicherung deutlich vereinfacht worden.