Vier Tage lang verhandelten die Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten über ein Finanzpaket. Im Bereich der Forschungsförderung wurden Abstriche vorgenommen. Noch im Mai hatte die Europäische Kommission 94,4 Milliarden Euro für das Forschungsprogramm „Horizon Europe“ vorgeschlagen. Nach dem Beschluss des EU-Gipfels sind hierfür nunmehr 80,9 Milliarden Euro vorgesehen.
Das Forschungsbudget wurde im Laufe der Verhandlungen mehrfach gekürzt, wie „Forschung & Lehre“ berichtete. 15 Wissenschaftsorganisationen und Hochschulverbände aus der EU protestierten. In einem Schreiben brachten diese ihre Sorge und Enttäuschung zum Ausdruck. Demnach seien Forschung, Innovation und Bildung Kernelemente, um die EU nachhaltig und widerstandsfähig zu gestalten.
Insgesamt soll der EU-Haushalt für die Jahre 2021-2017 mehr als 1,8 Billionen Euro umfassen. Zum ersten Mal in der Geschichte werde die Europäische Union gemeinsam Schulden in großem Umfang aufnehmen. Noch ist das Budget allerdings keine beschlossene Sache, da sich das EU-Parlament noch positionieren muss. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen spricht derweil von einem historischen Moment. Gleichzeitig äußert sie, dass an „Zukunftsthemen gespart“ werde.
Kritik an EU-Gipfel
CSU-Europaabgeordneter Markus Ferber bezeichnet den Kompromiss als ein „Sammelsurium von nationalen Egoismen“. Nicht zuletzt die Kürzungen im Bereich der Forschung werden langfristig katastrophale Auswirkungen haben, so seine Ausführung.
Noch vor wenigen Tagen äußerte die Vereinigung europäischer Forschungsuniversitäten (LERU), dass sie sich nicht vorstellen könne, dass die europäischen Staatenlenker den Kürzungen zustimmen, „während sie sich gleichzeitig auf das Engagement und die Fähigkeiten der europäischen Forscher verlassen, um die andauernde globale Pandemie zu bekämpfen„.
Internationaler Vergleich
Ungeachtet aller Kritik zeigt ein weltweiter Vergleich, dass Europa zu den Spitzenreitern zählt. Der Innovation Index 2019 aus dem Hause Bloomberg kategorisiert Staaten. In dem Ranking finden Faktoren wie Forschungs- und Entwicklungsausgaben, die Anzahl der Patentanmeldungen sowie Anzahl von Studenten in wissenschaftlichen und technischen Berufen Berücksichtigung. Unter den 10 innovativsten Volkswirtschaften sind 4 Mitglied der Europäischen Union. Deutschland belegt hierbei hinter Südkorea den zweiten Platz. Weitere EU-Staaten mit Spitzenpositionen sind Finnland, Schweden sowie Frankreich. Mit der Schweiz befindet sich ein weiterer Staat in der Top-10, der sich auf dem europäischen Kontinent befindet.
In puncto Corona-Forschung brilliert insbesondere Deutschland ebenfalls. Nach einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) kommen zwar die meisten wissenschaftlichen Covid-19-Erhebungen aus den USA. Allerdings schneiden deutsche Wissenschaftler gemessen an der Qualität weltweit am besten ab.
Obgleich einiges dafürspricht, dass es um die europäische Forschungslandschaft nicht schlecht bestellt ist, und diese nicht zuletzt einem internationalen Vergleich standhalten kann, gibt es keine Gewissheit dafür, dass dies auch künftig so bleibt. Es verwundert daher kaum, dass die dargestellten Budget-Kürzungen von zahlreichen Forschungseinrichtungen kritisch beäugt werden.