Das Wort Schwarmintelligenz kommt nicht von ungefähr: Fische koordinieren gemeinsam ihre Bewegungen, jeder Fisch orientiert sich am Nachbarn, weswegen sich ein Schwarm völlig synchron fortbewegen kann. Wissenschaftler versuchen schon lange, auch Robotern ein solches Verhalten beizubringen. Forschern der Uni Harvard ist dies nun gelungen. Sie entwickelten Robo-Fische mit einem dreidimensionalen Schwarmverhalten. Bisher gelang es Forschern lediglich, derlei Gruppenverhalten in einem zweidimensionalen Umfeld zu simulieren.
Die Fische haben künstliche Flossen, in ihren Augen befinden sich Kameras, und eingebaute LED-Leuchten dienen anderen Roboter-Fischen als Orientierung. Sofern sich eines dieser Exemplare bewegt, wird die Bewegung dieser LEDs über die Kamera weitergeleitet, woraufhin der passende Abstand eingehalten wird. Wie die Studienautoren in der Fachzeitschrift „Science Robotics“ veröffentlichten Erhebung betonen, können sich die Roboter-Schwärme zusammenballen, auflockern und einen Kreis bilden. Dies sei ein Novum in der Forschung.
Die Wissenschaftler tauften die Roboter auf den Namen „Bluebots“. Diese synchronisieren die Bewegungen von selbst, ohne von außen gesteuert werden zu müssen. Hilfreich könnte die Technologie unter anderem bei der Entwicklung von Einheiten aus Unterwasserrobotern sein. Sie könnten demnach besonders schwer zugängliche Gegenden erforschen, da sie sich sensibler an die Umgebung anpassen können als menschengesteuerte Roboter. Außerdem könnten sie auch in Gegenden abtauchen, in denen es kein GPS-Signal gibt.
Auch bei anderen Tieren schließen sich die einzelnen Individuen zu großen Verbänden zusammen, und entwickeln hierbei synchronisierte Reaktionen. Bei Fischschwärmen tritt dies besonders anschaulich zutage. Das komplexe Kollektivverhalten entsteht durch eine implizite Koordination – dies drückt aus, dass die Tiere die Entscheidungen lediglich auf der Grundlage des Nachbarverhaltens treffen. Diese Verhaltensweise kann zu Reaktionen führen, die zum Wohl aller dienen – womit das Thema Schwarmintelligenz wieder angesprochen wäre.
Fortschritte in der Forschung
Jeder dieser Bluebots ist mit zwei Kameras und drei Leuchten ausgestattet. Mithilfe eines speziellen Algorithmus erkennen die Kameras die LEDs der benachbarten Bluebots. „Wenn wir also wollen, dass sich die Roboter zusammenschließen, dann berechnet jeder Bluebot die Position jedes seiner Nachbarn und bewegt sich in Richtung Zentrum“, wie Florian Berlinger von der Harvard University betont. Auch weitere Formationen seien programmierbar. Co-Autor Nagpal äußert indes, dass die Ergebnisse einen wichtigen Meilenstein in der Erforschung von selbstorganisiertem kollektivem Verhalten unter Wasser darstellen.
Gemäß den Wissenschaftlern seien die Robo-Fische vielfältig einsetzbar. Eine mögliche Anwendung ist die Umweltüberwachung, also die Erkundung von empfindlichen Umgebungen wie beispielsweise Korallenriffe. Ferner könnten die Schwärme in Gegenden zum Einsatz kommen, die mit konventionellen Methoden entweder unzugänglich oder gefährlich sind. Zudem, so ihre Einschätzung, könnte der Ansatz auch ein Weg sein, tatsächliche Fischschwärme besser zu verstehen.
Unbekanntes Terrain
Nach wie vor gibt es noch einen erheblichen Forschungsbedarf im maritimen Bereich. Schätzungen zufolge sollen lediglich 5 Prozent der Tiefsee erforscht sein. Die Karten von rund 300 Millionen Quadratkilometer Meeresboden seien bis dato sehr ungenau. Allerdings könnten Fortschritte in der Technik und autonome Tauchroboter in Zukunft für mehr Klarheit sorgen. Anders als früher angenommen, gibt es auch in der Tiefsee eine hohe Artenvielfalt – die Erforschung zahlreicher Arten und Lebensräume könnte dem Menschen noch auf unterschiedliche Art und Weise zum Vorteil gereichen.
Bild: A Blueswarm intermingling with real fish. Credit: Berlinger et al., Sci Robot. 6, eabd8668 (2021)