Im Laufe der vier Milliarden Jahre alten Geschichte unseres Planeten wurde das Leben auf der Erde wiederholt durch katastrophale Ereignisse an den Rand des Aussterbens gebracht. Die verheerendste dieser Krisen ereignete sich vor 252 Millionen Jahren, am Ende der Permzeit. Geplagt von Waldbränden und Dürre war das Land praktisch unbewohnbar, und die Ozeane waren so heiß und erstickend, dass nur wenige Lebewesen darin überleben konnten. Infolgedessen starben mehr als 70 Prozent der Arten an Land und bis zu 80 Prozent der Arten im Meer aus. Diese düstere Episode ist als das Große Sterben bekannt. Jetzt warnen Forscher im Magazin Scientific American vor dem sechsten großen Massensterben der Planetengeschichte. Dieses Mal wäre der menschengemachte Klimawandel potenzieller Auslöser.
Giftiger gelber Schleim könnte sich wieder ausbreiten
Die sogenannte Kohlelücke ist ein Zeitraum in der Erdgeschichte, in dem es nur sehr wenig Kohleablagerungen gab. Kohle und Öl entsteht für gewöhnlich aus Ablagerungen organischen Materials, das unter hohem Druck und Jahrmillionen seinen Kohlenstoff konzentriert. Eine Lücke lässt entsprechend auf einen Mangel an Lebewesen schließen. Tatsächlich fiel die Kohlelücke der Permzeit mit einem Massenaussterben zusammen, wie die Wissenschaftler Chris Mays, Vivi Vajda, Stephen McLoughlin berichten, was sie zu der Annahme veranlasst, dass die Kohlelücke ein Symptom für eine kranke Welt war. Am Ende des Perms stiegen die Temperaturen weltweit an und verursachten eine Bakterien- und Algenblüte, die Flüsse und Seen erstickte. Dadurch wurden Süßwasserökosysteme unbewohnbar und trugen zum Massenaussterben bei.
Bislang hat das Leben immer wieder einen Weg gefunden, diese periodischen Massenaussterben zu überstehen und sich danach wieder zu erholen. Doch angesichts des rapiden menschengemachten Rückgangs der Artenvielfalt befürchten einige Wissenschaftler, dass die Erde auf ein weiteres großes Sterben zusteuern könnten. Besondere Sorge haben die Forscher vor einem gelben giftigen Schleim, der sich möglicherweise auf der Erde ausbreitet.
Große Tiere wichen Mikroorganismen
„Wie erwartet zeigten unsere Analysen der Mikrofossilien, dass die Häufigkeit von Pflanzensporen und Pollen genau an der Spitze der letzten permischen Kohleablagerung abnahm, was die nahezu vollständige Entwaldung der Landschaft widerspiegelt“, schreiben die Forscher. „Zu unserer Überraschung stellten wir jedoch auch fest, dass sich Algen und Bakterien kurz nach dem Aussterben stark vermehrt hatten und Süßwasserökosysteme mit schädlichem Schleim verseuchten. Tatsächlich erreichten sie Konzentrationen, die typisch für moderne mikrobielle Blüten sind, wie die rekordverdächtigen Blüten im Eriesee in den Jahren 2011 und 2014“.
Laut den Wissenschaftlern können derlei Ereignisse deswegen zu einem Massensterben von Tieren führen, da explosives mikrobielles Wachstum zu sauerstoffarmen Gewässern führt und viele Mikroben giftige Stoffwechselprodukte produzieren. In anderen Worten: nach der Verwüstung am Ende des Perms hatten die bescheidensten Organismen die Seen und Flüsse geerbt, für andere Lebewesen nicht länger bewohnbar waren. 300.000 Jahre beherrschten die Mikroorganismen dann ohne natürliche Fressfeinde wie Fische die Erde.
Forscher betonen Verantwortung des Menschen
In ihrem Artikel weisen die Wissenschaftler auf die große Verantwortung des Menschen hin: „Es wird immer deutlicher, dass der Mensch das Aussterben vieler Arten allein durch die Freisetzung großer Mengen von Treibhausgasen in die Atmosphäre verursachen kann. Wenn wir noch andere vom Menschen verursachte Stressfaktoren hinzufügen, sieht die langfristige Prognose für die Artenvielfalt düster aus“.
Es gebe jedoch eine Möglichkeit, die Analogie zum Perm zu durchbrechen: So sei der Verlust der Artenvielfalt durch die intelligente Anwendung moderner Ideen und Technologien vermeidbar. Insbesondere könnte eine mikrobielle Übernahme durch saubere Wasserwege und beschränkte Treibhausgasemissionen verhindert werden.
„Es wird immer deutlicher, dass wir gerade das sechste große Massenaussterben erleben. Mikrobenblüten im Süßwasser, Waldbrände, Korallenbleichen und Temperaturanstiege in den Ozeanen werden in unserer sich erwärmenden Welt immer häufiger und intensiver“, schließen die Wissenschaftler. „Wo uns die derzeitige Erwärmung auf dem Spektrum der Aussterbeereignisseplatzieren wird, hängt zum ersten Mal in der Geschichte der Erde von einer einzigen Art ab“.