In zahlreichen Ländern ist es üblich, dass Frauen kein Auto fahren dürfen, keine Schulbildung erleben dürfen oder keine politische Stimme besitzen. Dass sich diese Lebensweise auch auf die Gehirne der Frauen auswirken kann, war bisher unklar. Eine neue Studie ändert das nun.
Auch das Gehirn wird unterdrückt
Die Gehirne von Frauen und Männern unterscheiden sich grundsätzlich nur in wenigen Punkten. In der Studie der Washington University, die im Fachmagazin Psychological and Cognitive Science veröffentlicht wurde, wurde nun bewiesen, dass sich die Entwicklung des Gehirns einer Frau verändern kann, wenn sie unter Geschlechter-Ungleichheit leidet. Denn offenbar sind Frauen, die in Ländern leben, in denen sie einer Ungleichheit aufgrund ihres Geschlechts ausgeliefert sind, häufiger betroffen.
Die Gruppe von Psychologen, Hirnforschern und weiteren Medizinern der Washington University in St. Louis hat es sich zur Aufgabe gemacht, herauszufinden, wie sich die Geschlechter-Ungleichheit auf das menschliche Gehirn auswirkt. Sie gehen davon aus, dass die ungleichen Bedingungen für Frauen in einigen Ländern, zu vermehrten psychischen Problem führen kann. So schreiben sie:
„Die Ungleichheit der Geschlechter auf der ganzen Welt wurde mit einem höheren Risiko für psychische Probleme und einer geringeren akademischen Leistung bei Frauen im Vergleich zu Männern in Verbindung gebracht. Wir wissen auch, dass das Gehirn durch pflegende und nachteilige sozio-ökologische Erfahrungen geformt wird. Daher könnte sich die ungleiche Exposition gegenüber härteren Bedingungen für Frauen im Vergleich zu Männern in geschlechtsungleichen Ländern in Unterschieden in ihrer Gehirnstruktur widerspiegeln.“
Um ihre These beweisen zu können, untersuchten die Forscher jeweils 4.000 Männer und Frauen aus 29 verschiedenen Ländern. Die Testpersonen lebten in sowohl in Regionen, in denen es Geschlechter-Ungleichheiten gibt, als auch in Ländern, in denen Frauen und Männer gleichberechtigt sind. Die Ergebnisse waren deutlich: „Anhand eines Datensatzes von 7.876 MRT-Scans von gesunden Erwachsenen, die in 29 verschiedenen Ländern leben, zeigen wir hier, dass die Ungleichheit der Geschlechter mit Unterschieden zwischen den Gehirnen von Männern und Frauen verbunden ist.“
Psychischer Stress und schlechte Bildung führen zu einem beeinträchtigten Gehirn
Die Mediziner gehen davon aus, dass die Unterdrückungen und die Einschränkungen, unter denen die Frauen in einigen Ländern leiden, zu einer erheblichen Dezimierung im Gehirn führen. Diese zeigte sich in einer Region des Gehirns, welche auf Stress reagiert. Das beschreiben sie in ihrer Studie wie folgt:
„Die kortikale Dicke der rechten Hemisphäre insbesondere in limbischen Regionen wie dem rechten kaudalen anterior cingulate und dem rechten medialen orbitofrontal zeigen Beeinträchtigungen. Diese Ergebnisse deuten auf einen potenziellen neuronalen Mechanismus hin, der dem schlechteren Ergebnis von Frauen in geschlechtsungleichen Umgebungen zugrunde liegt. Sie heben die Rolle der Umwelt in den Gehirnunterschieden zwischen Frauen und Männern hervor.“
Konkret könnten also mangelnde Bildung und Stress zu der Veränderung führen. Infolgedessen könnten die Betroffenen unter Depressionen oder anderen psychischen Erkrankungen leiden. Da diese Frauen in der Regel ihr Leben lang unterdrückt werden, könnte das im späten Erwachsenenalter zu schwerwiegenden Folgeerkrankungen führen. Die Forscher wünschen sich für die Zukunft weiter Untersuchungen und Forschungen. Besonders interessant wären Studien, die den Fokus auf Bildung bzw. mangelnde Bildung legen.
Photo by Hernan Sanchez