Immer mehr Anbieter bieten für teures Geld im Internet die Ermittlung der Ahnenstruktur mithilfe von DNA Auswertungen an. Dabei kann es auch viel einfacher gehen, wie nun Forscher von der Universität Tartu in Estland herausgefunden haben. Demnach erlauben einfache physische Merkmale einen Rückschluss auf die Ahnen-Geschichte.
Merkmale von Jägern, Nomaden und Bauern
Mithilfe eines Genomvergleiches von rund 50.000 Menschen konnten die Wissenschaftler 27 Merkmale identifizieren, die bestimmten Orten zuzuordnen ist. Die entsprechenden DNA-Daten sind in einer eigenen estnischen Biobank gespeichert. Zu diesen Merkmalen zählen etwa die Statur, die Farbe der Haare und Augen, Blutwerte, die Herzrate und die Händigkeit. „Die urzeitlichen Populationen, auf die wir Europäer zurückgehen, waren tatsächlich unterschiedlich genug, um ihre Signatur in der Physiologie und dem Aussehen heutiger Menschen zu hinterlassen“, so Senior-Autor Luca Paganini von der Universität Padua. Elf Merkmale wiesen entsprechend eine signifikante Korrelation der Gene im modernen Europäer zur urzeitlichen Herkunft auf.
Somit ließen sich in den Menschen bestimmte Ahnen-Abstimmungen ablesen. Die Daten zeigen, ob die jeweilige Person entsprechendes Erbgut von Jägern, Nomaden oder Bauern in sich trägt. Allerdings lässt sich nicht sagen, welche Ahnengruppe im Erbgut überwiegt, sondern nur welche Genbereiche von einer bestimmten Gruppe dominiert wird. Auf dieser Basis lassen sich laut Studie folgende Aussagen tätigen: eine braune Haarfarbe, helle Augen und ein tendenziell höheres Körpergewicht mit breiteren Hüften sind den Steinzeitjägern zuzuordnen. Gleiches ist für eine höhere Herzrate und niedrigere Blutfettwerte festzustellen. Wer eher zierlich daherkommt, blondes Haar trägt und helle Augen aufweist, und einen tendenziell langsameren Herzschlag misst, der findet seine Urahnen im jungsteinzeitlichen Anatolien.
Erkenntnisse könnten sich auf andere Kontinente übertragen lassen.
„Eine Anreicherung von Genen der Yamnaya-Steppennomaden ist wiederum mit einem kräftigen Körperbau und hoher Statur verknüpft“, so Davide Marnetto, Leiter des estnischen Forschungteams. Die steinzeitlichen Wanderer neigten zudem eher zu hohen Blutfettwerten und schwarzen Haaren. Zwar lässt sich kein genereller direkter Zusammenhang zwischen den äußerlichen Merkmalen eines Menschen und seiner Ahnengeschichte herstellen, jedoch offenbare die Studie einen erhöhten Wahrscheinlichkeitsgrad.
Die Wissenschaftler vermuten nun, dass sich ihre Erkenntnisse auch auf andere Kontinente übertragen lassen könnten. „Es gibt keinerlei Hinweise darauf, dass Europa eine höhere genetische Vielfalt oder komplexere Wurzeln besitzt als andere Kontinente“, so Marnetto. Jedoch würden hier schlichtweg mehr Analysen und Studien durchgeführt werden, erklärt der Forscher. „Es ist daher wichtig, auch mehr Proben aus anderen Teilen der Erde zu untersuchen, um besser zu verstehen, wie die Menschheitsgeschichte die Merkmalsvielfalt der heutigen Menschen geprägt hat.“
Hier geht es zur Studie: (Current Biology, 2022; doi: 10.1016/j.cub.2022.01.046)
Bild von Robin Persson auf Pixabay