Über viele Jahre hinweg veranschlagte die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe bei der Schallbelastung durch Windkraftanlagen einen deutlich zu hohen Wert. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) entschuldigte sich für die fehlerhaften Berechnungen. Die hohen Werte wurden von Kritikern oft gegen den Bau von Anlagen angeführt. Indes sprechen auch andere jüngst veröffentlichten Berechnungen für einen Auftrieb der Windkraft-Industrie.
Bereits 2009 veröffentlichte die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe eine Studie namens „Der unhörbare Schall von Windkraftanlagen“. Demnach emittieren Windkraftanlagen mit einer Leistung von mehr als 500 Kilowatt Infraschall mit einer Lautstärke von mehr als 100 Dezibel. Viele, die in den vergangenen 12 Jahren gegen Windkraftanlagen protestierten, führten besagte Studie gegen die Technologie an. Der Argumentation dieser zufolge liegt Infraschall zwar unterhalb unserer Wahrnehmungsschwelle, dennoch hätten die Wellen eine schädigende Wirkung auf den menschlichen Körper.
Vor kurzem überprüfte besagte Bundesanstalt die Ergebnisse der Erhebung aus dem Jahr 2009 nochmals – unter anderem aufgrund Hinweisen der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt. Das Fazit: die einstige Studie sei aufgrund einer „falschen Programmierung bei der Berechnung“ fehlerhaft. Anstatt 100 Dezibel durch unhörbaren Infraschall seien es tatsächlich nur 64 Dezibel. Der Unterschied ist keineswegs marginal. 10 Dezibel bedeuten ein zehnmal so lautes Geräusch. Peter Altmaier entschuldigte sich indes: „Es tut mir sehr leid, dass falsche Zahlen über einen langen Zeitraum im Raum standen„, so seine Aussage in Berlin. Er halte den gesamten Vorgang für „sehr problematisch„.
Erhebliche Kritik
Der Erlanger Physik-Professor Martin Hundhausen betont, dass sich natürlich auch Forscher irren. Allerdings sei es so, dass die Fehler nach Hinweisen von Kollegen in der Regel zeitnah korrigiert werden. Die Bundesanstalt für Geowissenschaft und Rohstoffen hätte hingegen zahlreiche Hinweise über Jahre hinweg ignoriert, so sein Vorwurf. Dies geht aus einem „Zeit“-Bericht hervor.
Stefan Holzheu, seines Zeichens Umweltwissenschaftler, schlägt in eine ähnliche Kerbe. Seit dem Frühjahr 2020 habe er dem Autor der BGR-Studie insgesamt 18 E-Mails mit Anmerkungen und Korrekturen geschickt. Die Reaktion: Holzheu erhielt eine Antwort dergestalt, als dass er ein Schreiben erhielt, demzufolge die Rechtsabteilung des BGR überlege, „rechtliche Schritte einzulegen„. Holzheu blieb hingegen unbeeindruckt, und machte weiterhin auf die Fehler der Erhebung aufmerksam.
Gleichwohl es hierfür keine Beweise gibt, sind zumindest einzelne Akteure der Auffassung, dass eine Korrektur der Zahlen längst überfällig gewesen sei. Bundesbehörden „dürfen nicht zum Stichwortgeber der Energiewende-Gegner werden„, so der Bundesverband Erneuerbare Energien.
Bedeutung der Windkraft
Im Jahr 2020 stammte 23 Prozent der gesamten Bruttostromerzeugung in Deutschland aus Windenergie. 10 Jahre zuvor waren es lediglich 6 Prozent. Neben den revidierten Erkenntnissen in puncto Schallbelastung spricht auch anderes für eine weitere Forcierung der Windkraft: die Kosten sinken beträchtlich. Aktuellen Prognosen zufolge könnten die Stromgestehungskosten für Windenergie bis 2050 um bis zu 49 Prozent fallen. In Summe werden die Turbinen größer, die Generatoren leistungsfähiger, und dies bei zeitgleich sinkenden Betriebskosten.
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