Zahlreiche Bakterien-Infektionen lassen sich gut mit Antibiotika behandeln. Allerdings kann sich das Erbgut der Bakterien so verändern, dass diese unempfindlich gegenüber Antibiotika werden. Forscher der Emory University in Atlanta fanden nun heraus, dass bereits wildlebende Schimpansen in Tansania antibiotikaresistente Bakterien in sich tragen.
Bisher waren Antibiotika häufig das Mittel der Wahl bei der Bekämpfung von bakteriellen Erregern. Gemäß dem Bundesministerium für Gesundheit sind Antibiotika-Resistenzen „weltweit auf dem Vormarsch„. Es drohe, dass „wichtige Erfolge in der Bekämpfung von Infektionskrankheiten zunichte“ gemacht werden. Bakterien können diese Resistenzen entwickeln, wenn sie häufig mit den Medikamenten in Kontakt kommen.
Die Wissenschaftler der Emory-Universität untersuchten in ihrer Analyse rund 400 Kotproben von Menschen, Haus- und Nutztieren, außerdem von Pavianen und Schimpansen im und um den Nationalpark. Schwerpunkt der Forschung waren hierbei Gene, welche eine Resistenz gegen Sulfonamide und Tetracycline hervorrufen. Diese Antibitioka-Klassen werden in diesem Gebiet gegen Krankheiten wie Cholera und Durchfallerkrankungen eingesetzt. Das Ergebnis: in etwa 75 Prozent der menschlichen Kotproben konnten besagte Gene nachgewiesen werden, darüber hinaus in ungefähr der Hälfte der Schimpansen- und in knapp 35 Prozent der Pavian-Proben.
Bedenkliche Entwicklung
Damit konnten die Forscher nachweisen, dass Resistenzen gegen häufig vom Menschen genutzten Antibiotika auch in die Lebensräume von Wildtieren vordringen. Die Studienautoren fanden auch Hinweise hinsichtlich der Verbreitung: „Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass sich antibiotikaresistente Keime von Menschen auf nichtmenschliche Primaten ausbreiten, indem sie ihren Weg in das lokale Gewässer finden„.
Dies, so die Wissenschaftler, habe erhebliche Nachteile – womöglich auch für den Menschen. Nachdem arzneimittelresistente Bakterien auf Schimpansen übergesprungen sind, so ihre Argumentation, könnten sich jene Bakterien auf den Schimpansen weiterentwickeln, „und dann wieder auf den Menschen übergreifen„.
Bakterien vermehren sich sehr schnell und darüber hinaus in großer Zahl. Hierbei kann sich das Erbgut so verändern, dass die Erreger unempfindlich gegenüber Antibiotika werden. Diese Bakterien wiederum vererben ihre Widerstandsfähigkeit weiter, wie ein Service des Ärztlichen Zentrums für Qualität in der Medizin konstatiert. Sofern Bakterien gegen viele Antibiotika widerstandsfähig sind, spricht man von Multiresistenz. Diese würden vor allem dann entstehen, „weil Antibiotika nicht richtig angewendet werden„.
Landwirtschaft und multiresistente Bakterien
Auch der Einsatz von Antibiotika in der Tiermast begünstigt die Entstehung gefährlicher Keime. Alleine in Deutschland werden jedes Jahr 670 Tonnen Antibiotika in der Landwirtschaft eingesetzt. Gerd-Ludwig Meyer, seines Zeichens Nierenarzt in Nienburg in Niedersachsen, zeigt sich angesichts der Zahlen alarmiert. Er spricht sogar von einem Missbrauch von Antibiotika. Seiner Argumentation zufolge seien Reserveantibiotika dafür entwickelt worden, um Menschenleben zu retten, und nicht dafür, „dass das Masthähnchen seinen Zweiunddreißigsten, nämlich den Schlachttag, erreicht„.
Die Krux: je mehr Antibiotika verwendet werden, desto häufiger werden Keime unempfindlich. Zwar entwickelt die Pharmaindustrie immer neue Antibiotika, allerdings scheint die Anpassung der Keime bis dato schneller zu sein.
Dass inzwischen selbst wildlebende Tiere hiervon betroffen sind, verdeutlicht einerseits das Ausmaß der Verflechtung, führt andererseits auch vor Augen, wie prekär das gesamte System ist.
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