Die Baubranche hat einen großen Anteil an den globalen CO2-Emissionen. Würde man die Zementproduktion mit einem Land gleichsetzen, läge sie bei den Emissionen direkt hinter China und den USA. Das Startup Solidia entwickelte ein chemisches Verfahren, bei dem 30 Prozent weniger Kohlendioxid freigesetzt wird, als bei der herkömmlichen Zement-Herstellung. Zahlreiche weitere Forschungseinrichtungen und Unternehmen setzen auf andere Ansätze, die das Potenzial haben, der Bauindustrie einen grüneren Fußabdruck zu verpassen.
Die Zementproduktion ist je nach Rechenweg und Produktionsprozess für 4 bis 8 % der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich. Etwas mehr als die Hälfte entsteht beim Brennen von Zementklinker. Insgesamt fällt für jede Tonne Zement eine Tonne CO2 an.
Das Startup Solidia setzt bei der Zementproduktion auf mehr Ton, weniger Kalkstein und weniger Hitze als bei der konventionellen Produktion. Der Mitbewerber CarbonCure speichert jenes Kohlendioxid, welches bei anderen industriellen Prozessen angefallen ist durch Mineralisierung im Beton, anstatt es als Nebenprodukt in die Atmosphäre freizusetzen.
Projekte mit Signalwirkung
In Norwegen soll indes das erste Zementwerk der Welt entstehen, welches Kohlendioxid im industriellen Maßstab abscheidet und unter dem Meeresboden lagert. Die norwegische Regierung stellte für das Projekt 16,8 Milliarden NOK zur Verfügung, wie das Parlament am 15. Dezember bekannt gab. Ziel ist eine Verringerung der CO2-Emissionen des im Werk produzierten Zements um 50 Prozent.
„HeidelbergCement begrüßt die erfolgreiche Zusammenarbeit mit den norwegischen Behörden. Das CCS-Projekt in Brevik zeigt deutlich, wie wichtig es ist, dass Industrie und öffentlicher Sektor gemeinsame Lösungen im Kampf gegen den Klimawandel finden„, so Giv Brantenberg, General Manager bei HeidelbergCement. Der Konzern verfolgt ferner das Ziel, spätestens bis zum Jahr 2050 klimaneutralen Beton anzubieten.
Unterschiedliche Ansätze
Forscherinnen und Forscher aus dem Hause BioMason setzen hingegen auf einen anderen Ansatz: namentlich auf „lebende Baustoffe“, die Herstellung von zement-ähnlichen Ziegeln mit Hilfe von Bakterien und Partikeln.
Einerseits zeigt sich das Ausmaß der Nachhaltigkeit eines Produktes bei der Herstellung, andererseits auch bei der Langlebigkeit. Bei zweitgenanntem forschen US-Wissenschaftler in einem von dem Verteidigungsministerium finanzierten Projekt. Die Forscher entwickeln kohlenstoffärmeren und sich selbst heilenden Beton. Dadurch sollen Risse bis zu einem bestimmten Grad repariert werden. Ihre Ergebnisse präsentierten sie Anfang 2020 in der Fachzeitschrift „Matter“.
Auch über die Baubranche hinaus gewinnt das Thema Nachhaltigkeit zunehmend an Bedeutung. 75,5 Prozent der Deutschen sind der Auffassung, dass Klimaneutralität in den nächsten Jahren die wichtigste Herausforderung für die Menschheit ist. Auch Unternehmen richten sich immer mehr nach sogenannten grünen Kriterien – allerdings treten global große Unterschiede zutage. Während die Bundesrepublik von 1970 auf 2019 den Ausstoß der CO2-Emissionen um 35,2 Prozent senken konnte, stieg der Ausstoß in China um 1.168 Prozent an.
Welches Verfahren und welche Technologie sich letzten Endes durchsetzt, wird sich indes erst noch zeigen müssen. Allerdings geben die jüngsten Entwicklungen Grund zum Optimismus, dass der CO2-Fußabdruck der Baubranche künftig deutlich geringer ausfällt.
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