Das Internet ist als globales Kommunikationsmittel längst unverzichtbar geworden. Eine neue Studie aus Deutschland und den USA deckt nun aber auf, wie autoritäre Regime den Datenverkehr im Internet lenken und überwachen. Die Kontrolle erfolgt durch Transitnetzwerke, die für die Öffentlichkeit weitgehend unsichtbar sind.
Unsichtbare Netzwerke
Die Studie, veröffentlicht im Journal PNAS Nexus, zeigt, dass staatliche Einrichtungen in autokratischen Ländern eine stärkere Kontrolle über die Transitnetzwerke ausüben. Diese Netzwerke sind vergleichbar mit Autobahnen, die den Datenverkehr über weite Strecken transportieren, während die meisten Internetnutzer nur mit den Zugangsnetzwerken – den lokalen Straßen – vertraut sind, wie die Forscher in einer Pressemitteilung erklären. „Dies ist ein Mechanismus, den Autokratien zu bevorzugen scheinen, er ist viel weniger sichtbar“, erklärt Alexander Gamero-Garrido, Assistenzprofessor für Informatik an der University of California und Mitautor der Studie. „Sie operieren in einem Schattenraum, niemand kennt sie.“
Die Forscher nutzten für ihre Analyse öffentlich zugängliche Daten des Border Gateway Protocol (BGP), um zu untersuchen, wie Zugangs- und Transitnetzwerke in verschiedenen Ländern kontrolliert werden. Diese Daten gleichen großen Tabellen von Internetadressen, die Netzwerke untereinander bekannt geben, um Verbindungen herzustellen. Die Studie ergab, dass in Autokratien staatseigene Entitäten eine höhere Kontrolle über Transitnetzwerke ausüben, was eine zentralisierte Überwachung und Kontrolle des Internetverkehrs ermöglicht. „Es gibt mindestens 75 Länder, in denen eine kleine Gruppe von Transitprovidern dominant ist, oft ein einzelnes Unternehmen“, sagt Gamero-Garrido. Dabei würden staatliche Internetkonzerne aus reicheren Autokratien häufig Zugangsnetze in ärmeren Autokratien bereitstellen. Dies führe zu Clustern technologischer Zusammenarbeit im Internet zwischen nicht-demokratischen Ländern.
Politische Maßnahmen möglich
„Fast niemand weiß von diesen Unternehmen“, so Gamero-Garrido weiter. Die Wissenschaftler plädieren entsprechend für gezielte Maßnahmen, um einen offenen Informationsaustausch sicherzustellen, schließlich sei eine zentralisierte Internetstruktur auch anfälliger für Störungen. Die Aufdeckung der Manipulation von Netzwerken sei nur ein erster Schritt: „Wir können auch in eine Infrastruktur investieren, die eine direkte Verbindung ermöglicht“. Konkret benennen die Forscher Internet Exchange Points (IXP), die oft zum Teil von den Staaten finanziert werden. Diese können Verbindungen zwischen Zugangsnetzen herstellen und die Abhängigkeit von Transitnetzen verringern. Auch private Einrichtungen, sogenannte Colocations oder ‚Colos‘, könnten hierbei helfen.