Der Digitalverband Bitkom legte am Dienstag eine umfassende Studie zu den Klimaeffekten der Digitalisierung vor. Demnach könnten bis zum Jahr 2030 im besten Fall 120 Megatonnen CO2 eingespart werden. In der Erhebung wurden 7 Anwendungsbereiche untersucht, in denen die Digitalisierung besonders große CO2-Einspareffekte erzielen kann.
Bitkom-Präsident Achim Berg betont, dass digitale Technologien ein riesiges Potenzial für den Klimaschutz bergen. „Mit der Digitalisierung halten wir einen extrem starken Hebel in der Hand, um den CO2-Ausstoß schnell und effektiv zu senken“. Es gelte nun allerdings rasch zu handeln, und das Tempo weiter zu erhöhen. Andernfalls seien die Ziele kaum zu erreichen. Im vergangenen Jahr lag der deutsche CO2-Ausstoß bei 805 Megatonnen. Bis zum Jahr 2030 muss dieser allerdings auf 543 Megatonnen gesenkt werden.
Wichtigster Hebel
Dem Ergebnis der Studie zufolge können im Bereich der industriellen Fertigung die größten Einsparungen erreicht werden. Eine beschleunigte Digitalisierung reduziere den CO2-Ausstoß um bis zu 61 Megatonnen. Ein moderates Tempo in diesem Bereich führe hingegen zu Einsparungen in Höhe von rund 35 Megatonnen. Maßgeblich sei hier die Automatisierung in der Produktion und die Prozessoptimierung, was den Material- und Energieeinsatz erheblich senke. „In der Industrie gibt es bereits effiziente und klimaschonende Produktionsprozesse auf Basis digitaler Technologien“, so Berg – nun gelte es, diese flächendeckend zu etablieren.
Im Bereich der Mobilität seien hingegen Einsparungen zwischen 17 und 28 Megatonnen CO2 möglich. Wichtige Hebel hierbei sind intelligente Verkehrssteuerungen sowie eine smarte Logistik, wodurch Leerfahrten vermieden und Potenziale ausgeschöpft werden können. Auch Car-Sharing könne den CO2-Ausstoß verringern. Allerdings mahnt Berg, dass dies nur der Fall sei, wenn die Angebote „den automobilen Individualverkehr reduzieren und nicht zu Lasten von Bus und Bahn gehen“.
Auch im Gebäudebereich könnten bis 2030 etwa 16 Megatonnen CO2 eingespart werden. Smart-Home-Technologien können den Energieverbrauch optimieren und beispielsweise Heizkörper automatisch herunterfahren, wenn die Bewohner außer Haus sind. Gemäß einer seitens des Digitalverbandes im September veröffentlichten Erhebung nutzen bereits heute fast 4 von 10 Verbrauchern Smart-Home-Anwendungen. Hierzu zählen Staubsaugerroboter, intelligente Heizkörper oder vernetzte Sicherheitssysteme. „Das Zuhause der Zukunft ist smart. Dabei geht es nicht mehr nur um eine Lampe, die per App gesteuert wird […] es geht um die durchgängige Vernetzung der Geräte untereinander und ihre Steuerung über eine gemeinsame Plattform“, so Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder in einer Pressemitteilung.
Chancen und Herausforderungen
In puncto Arbeit und Business gebe es im Zuge einer konsequenten Digitalisierung ebenfalls Einsparpotenziale von bis zu 12 Megatonnen CO2. Ins Gewicht fällt hierbei beispielsweise der Ersatz von Geschäftsreisen durch Videokonferenzen. Die häufigere Nutzung von Home-Office sei ebenfalls sinnvoll. Dies helfe nicht zuletzt dabei Staus zu vermeiden und somit die Umwelt zu schonen.
Im Umkehrfall verursacht die Digitalisierung auch selbst CO2-Emissionen – sowohl bei der Herstellung als auch Nutzung der Geräte. Bitkom zufolge ist das Einsparpotenzial der Digitalisierung allerdings rund fünfmal höher, als ihr eigener Ausstoß. Dass die Digitalisierung nicht in allen Lebensbereichen zu Einsparungen beim CO2-Ausstoß führt, führt eine andere Erhebung vor Augen. Demnach ist der ökologische Fußabdruck von Musik-Streamingdiensten deutlich höher, als bei der Nutzung von Schallplatten, Kassetten und CDs: „Intuitiv würde man denken, dass weniger physische Teile eines Produkts viel weniger CO2-Emissionen bedeuten würden […] Dem ist leider nicht so“, wie Forscher Kyle Devine betont. Nichtsdestotrotz könnte eine gut konzeptionierte Digitalisierung zu erheblichen Einsparungen führen, so zumindest das Fazit der Bitkom-Studie.