60 Prozent der Deutschen äußerten im November, dass sie der Wissenschaft „eher“ oder „voll und ganz“ vertrauen. Dies geht aus dem Wissenschaftsbarometer 2020 hervor. Bei einem Längsschnittvergleich zeigt sich, dass das Vertrauen in Forschung deutlich höher ist, als in den vergangenen drei Jahren. Allerdings sind die Bundesbürger deutlich skeptischer gegenüber der Wissenschaft eingestellt, als noch zu Anfangszeiten der Pandemie im Frühjahr.
Im Mai lag die Zustimmungsrate gegenüber den Wissenschaften noch bei 66 Prozent, im April sogar bei 73 Prozent.
Ein detaillierter Blick auf die Ergebnisse der Erhebung fördert mitunter auch unbequemes zutage. So sind 15 Prozent der Auffassung, dass es gar keine eindeutigen Beweise für die Existenz von Covid19 gibt. Fernab dieses Umstandes nennen die Deutschen zwei Faktoren besonders häufig, aufgrund derer sie eine kritische Einstellung gegenüber den wissenschaftlichen Publikationen haben: einerseits die Abhängigkeit von den Geldgebern (49 Prozent), und andererseits die Aussage, dass die Forscher ihre Ergebnisse häufig den eigenen Erwartungen anpassen würden (25 Prozent).
Politik in Zeiten von Corona
Rund um das Thema Corona genießen Ärzte das Vertrauen von rund 80 Prozent der Bevölkerung. Den Aussagen von Wissenschaftlern anderer Fachdisziplinen vertrauen 73 Prozent. Ein deutlicher Wandel gegenüber dem Frühjahr gibt es hingegen bei dem Vertrauen in die Aussagen politischer Akteure hinsichtlich Covid19: das Vertrauen sank stark. Im Gegenzug wünschen sich 77 Prozent der Deutschen, dass politische Entscheidungen in der Corona-Krise auf wissenschaftlichen Erkenntnissen ruhen sollten.
Obwohl sich die Mehrheit der Bevölkerung in der Krise eine leitende Funktion von der Wissenschaft wünscht, stimmen 4 von 10 der Deutschen der Aussage zu, dass die Forschung nicht alles sagt, was sie über das Corona-Virus weiß.
Weltweite Trendumkehr
Die Situation in Deutschland stellt keine Ausnahme dar. Auch weltweit hat das generelle Vertrauen in die Wissenschaft seit Ausbruch der Pandemie zugenommen. Dies geht aus dem „3M State of Science Index“ (SOSI) hervor. In den Jahren zuvor habe das Vertrauen hingegen konstant abgenommen. Vor der Corona-Krise hatten 35 Prozent der Weltbürger eine Wissenschaftsskepsis, dieser Anteil sank auf 28 Prozent. Allerdings erfolgte die Befragung im Sommer. Ob das Vertrauen seither gesunken ist – ähnlich wie in Deutschland – geht hieraus nicht hervor.
Insbesondere im Gesundheitsbereich erwarten die Bürger viel von der Wissenschaft, auch über Corona hinaus: 62 Prozent erhoffen sich Heilmittel bei der Behandlung anderer schwerer Krankheiten. Knapp 8 von 10 sind der Meinung, dass die akademische Forschung von staatlichen Akteuren stärker finanziell unterstützt werden sollte.
Melanie Brinkmann vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung übt dereinst Kritik an den Corona-Zweiflern: „Ich bin es ehrlich gesagt etwas leid“, so ihre Ausführungen, „Wir haben den Sommer damit verschwendet, darüber zu diskutieren, wie gefährlich das Virus eigentlich ist. Ich erzähle doch auch dem Automechaniker nicht, wo der Motor am Auto ist“. Nichtsdestotrotz: auch unter Wissenschaftlern werden kontroverse Diskussionen geführt. Dies betrachten die Bürger allerdings gar nicht als Vertrauensuntergrabend, im Gegenteil. Nach Einschätzung der Mehrheit gehört dies sogar zum Diskurs dazu.