Im Mittelpunkt der Zwerggalaxie Leo I* liegt ein supermassives schwarzes Loch. Bisher war es Wissenschaftlern nicht möglich, es zu untersuchen. Zwei Astronomen haben nun eine Theorie aufgestellt, wie es funktionieren könnte.
Berechnung anhand Masseverlust vorbeiziehender Sterne
Schon vor vierzig Jahren wurde die Idee postuliert, dass im Mittelpunkt aller Galaxien supermassive Schwarze Löcher liegen. Diese sind so schwer wie mehrere Millionen bis Milliarden Sonnen und somit die massereichsten Objekte im Universum. Auch in der Milchstraße wurde die Existenz eines solchen Gravitation-Monsters nachgewiesen; es konnte bereits fotografiert und dokumentiert werden.
Das supermassive Schwarze Loch im Zentrum der Leo-I-Zwerggalaxie ist jedoch noch ein unbeschriebenes Blatt. Im Fachjournal „The Astrophisical Journal Letters“ haben zwei Astrophysiker mit Sitz in den USA eine Theorie aufgestellt: Die zur Beobachtung benötigte physikalische Größe kann man möglicherweise durch die verlorene Masse von Sternen berechnen, die sich um das Schwarze Loch bewegen.
Leo I* nimmt fast keine Masse auf und bleibt deshalb dunkel
Erst Ende des vergangenen Jahrs konnten Forschende einen Beweis für die Existenz des supermassiven Schwarzen Lochs Leo I* erbringen. Sie konnten beobachten, dass sich Sterne in der Nähe des Galaxie-Zentrums immer schneller bewegten. Im Mittelpunkt muss sich dementsprechend ein Objekt mit extrem hoher Masse befinden. Kein anderes Schwarzes Loch außerhalb der Milchstraße ist uns wohl näher. Trotzdem war es bislang nicht möglich, das Objekt näher zu untersuchen.
„Lichtstrahlen können ihrem Eventhorizont nicht entweichen, aber ihre Umwelt kann extrem hell sein – wenn genügend Material in ihre Gravitationssenke fällt. Wenn ein schwarzes Loch jedoch keine Masse ansammelt, emittiert es kein Licht und es ist unmöglich, es mit unseren Teleskopen zu finden“, erklärt Fabio Pacucci, der Erstautor der Studie, in einer Pressemitteilung. Das ist das große Problem, mit dem Wissenschaftler angesichts Leo I* konfrontiert werden. Die Zwerggalaxienheimat beinhaltet sehr wenig Gas, wodurch das Schwarze Loch fast keine zusätzliche Masse anhäufen kann.
Reste von alten Sternen sollen Aufklärung schaffen
Doch laut Pacucci und seinem Co-Autor Avi Loeb ist eine Beobachtung trotzdem nicht unmöglich. „Alte Sterne werden sehr groß und leuchten rot – wir nennen sie Rote Riesen. Auf den Roten Riesen weht üblicherweise ein starker Wind, der ein Teil ihrer Masse in die Umwelt schleudert“, so Pacucci. Mithilfe dieser Sternreste könnte eine Ermittlung der Akkretionsrate, also der Geschwindigkeit, mit der das Schwarze Loch Masse an sich bindet, möglich sein. „Der Raum um Leo I* scheint genügend alte Sterne zu beinhalten, um das Schwarze Loch für uns sichtbar zu machen.“
Die Beobachtung könnte die Welt der Wissenschaft auf den Kopf stellen. Studien ergaben, dass ein supermassives Schwarzes Loch ungefähr ein Tausendstel der Masse seines Sternsystems wiegt. Obwohl die Leo-I-Zwerggalaxie insgesamt eine viel geringere Masse besitzt als die Milchstraße, scheint ihr Mittelpunkt genauso schwer zu sein wie das Schwarze Loch in unserem Galaxie-Zentrum. „Das ist spannend, weil die Wissenschaft sich meistens dann am meisten weiterentwickelt, wenn Unerwartetes geschieht“, sagt Loeb.
Das Team versucht nun ihre Theorie in die Realität umzusetzen und arbeitet mit Teleskopen in New Mexico, um das Unsichtbare sichtbar zu machen.
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