Roskosmos-Chef Juri Borissow kündigte noch Ende Juli an, Russland würde sich nach dem Jahr 2024 von dem Betrieb der ISS verabschieden. Das berichtete die Welt am 26. Juli. Nun rudern die russischen Verantwortungsträger zurück, zumindest teilweise.
Eigene russische Raumstation sollte kommen
Während einem Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin bestätigte Borissow seinerzeit die Ausstiegspläne.
„Natürlich werden wir alle unsere Verpflichtungen gegenüber unseren Partnern erfüllen, aber die Entscheidung über den Ausstieg aus dieser Station nach 2024 ist gefallen. Ich denke, dass wir zu diesem Zeitpunkt mit dem Aufbau einer russischen Raumstation beginnen werden.“
Mit dieser Ankündigung hielt sich Roskosmos zumindest noch an den laufenden Vertrag, den das Unternehmen mit der NASA eingegangen ist. Der Rückzug wurde auch als Reaktion des russischen Raumfahrtprogramms auf die angespannte politische Lage gewertet. Russland wird aufgrund des Angriffskriegs, den der Kreml gegen die Ukraine führt, seitens der USA und Europa immer weiter isoliert und sieht sich regelmäßigen Sanktionspakete ausgesetzt. Dem Bau der eigenen Raumstation sollte wohl auch aus Propagandagründen nun oberste Priorität eingeräumt werden. Dabei hatten die NASA und Roskosmos erst wenige Wochen vor der Ankündigung beschlossen, gemeinsame weitere Flüge zu der ISS zu organisieren.
Russland stellt eigene Raumstation vor
Schon wenige Tage nach der Ankündigung, sich von der ISS zu verabschieden, veröffentliche Russland dann laut der Standard Pläne einer eigenen Raumstation. So soll der Aufbau der „Ross“ in zwei Phasen aufgeteilt werden. Der Start wäre spätestens für das Jahr 2030 ins Auge gefasst worden, möglicherweise aber auch bereits 2025.
Roskosmos beschrieb außerdem eine Verbesserung gegenüber der ISS. Sie würde „den russischen Kosmonauten zu Überwachungszwecken einen wesentlich umfangreicheren Blick auf die Erde bieten als ihr derzeitiges Segment.“ Eine passende Einordnung lieferte dann auch gleich der ehemalige Roskosmos-Chef, Dmitri Rogosin, der im Juli behauptete, dass die „Ross“ ebenfalls zu militärischen Zwecken genutzt werden könne.
Nun rudert Russland zurück – die Zusammenarbeit wird doch verlängert
Vor zwei Tagen überlegte es sich Roskosmos dann doch anders. Trotz der massiven internationalen Spannungen sollen russische Astronauten weitere sechs Jahre auf der ISS arbeiten. Das berichtete der Spiegel. In der Ankündigung heißt es:
„Wir halten es für möglich, die Nutzung der ISS in Minimalkonfiguration bis zum Aufbau einer russischen Raumstation fortzusetzen, das heißt bis 2028.“
Mit den Aussagen des russischen Vizepremiers und Industrieminister Denis Menturow kann man davon ausgehen, dass sich der Bau der eigenen Raumstation zumindest verzögert. Der Plan, sich von den westlichen Ländern abzukoppeln, besteht für Russland aber offiziell weiterhin. Nur der Termin dafür wurde jetzt nach hinten verlegt.
Trotzdem profitiert sowohl die NASA als auch die ISS von dem neuerlichen Richtungswechsel Russlands. Denn das Projekt ist von einer Zusammenarbeit abhängig.
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