Wie entstand unsere Milchstraße? Dieser Frage gingen Forscher des Max-Planck-Instituts für Astronomie nach. Bei der Auswertung von Satellitendaten identifizierten sie Nachkommen sogenannter proto-galaktischer Fragmente, die vor 12 bis 13 Milliarden Jahren mit einer frühen Version unserer Milchstraße verschmolzen sind.
Ursprünge von Sternen aus anderen Galaxien
Wenn Galaxien kollidieren und verschmelzen, geschehen mehrere Prozesse parallel. Jede Galaxie trägt ihr eigenes Reservoir an Wasserstoffgas mit sich. Bei einer Kollision werden diese Wasserstoffgaswolken destabilisiert, und es entstehen zahlreiche neue Sterne, die sich unter die existierenden Sterne der Galaxien mischen. Langfristig machen auch solche „akkretierten Sterne“ einen Teil der Sternenpopulation der neu entstandenen kombinierten Galaxie aus.
„Es mag hoffnungslos erscheinen, nach Abschluss der Verschmelzung zu identifizieren, welche Sterne von welcher Vorgängergalaxie stammen. Doch tatsächlich gibt es zumindest einige Möglichkeiten, die stellare Abstammung zurückzuverfolgen. Die Physik liefert Hilfe“, schreiben die Forscher in einer Pressemitteilung. Denn selbst wenn sich die Sternenpopulationen zweier Galaxien vermischen, behalten die meisten Sterne sehr grundlegende Eigenschaften bei, die direkt mit der Geschwindigkeit und der Richtung der Galaxie verknüpft sind, aus der sie stammen. So weisen Sterne aus derselben Vorgängergalaxie ähnliche Werte für ihre Energie und den Drehimpuls auf.
Daten erst seit 2013 gesammelt
Trotzdem bleibt es eine Herausforderung, Sterne gleicher Herkunft zu identifizieren. Die Analyse erfordert große, qualitativ hochwertige Datensätze, und ein geschicktes Durchsieben der Daten, um die gesuchte Klasse von Objekten zu identifizieren. Hilfe kommt vom ESA-Satelliten Gaia, der seit 2013 Daten zu Positionen, Zusammensetzungen und Entfernungen für fast 1,5 Milliarden Sterne innerhalb der Milchstraße sammelt. Diese Gaia-Daten nutzten die Astronomen Khyati Malhan and Hans-Walter Rix. Malhan kommentiert: „Wir haben beobachtet, dass für eine bestimmte Gruppe von metallarmen Sternen Sterne um zwei spezifische Kombinationen von Energie und Drehimpuls gruppiert waren.“
Im Gegensatz zum „alten armen Herzen“, hatten die beiden Gruppen von gleichgesinnten Sternen vergleichsweise großen Drehimpuls, was mit Gruppen von Sternen konsistent ist, die Teil separater Galaxien waren, die mit der Milchstraße verschmolzen waren. Die Wissenschaftler nannten die beiden Strukturen Shakti und Shiva, nach Hauptgottheiten des Hinduismus. Ihre Energie- und Drehimpulswerte sowie ihre insgesamt niedrige Metallizität auf dem Niveau des „alten armen Herzens“ machen Shakti und Shiva zu guten Kandidaten für einige der frühesten Vorfahren unserer Milchstraße. „Shakti und Shiva könnten die ersten beiden Ergänzungen zum ‚alten armen Herzen‘ unserer Milchstraße sein und ihr Wachstum zu einer großen Galaxie einleiten“, kommentiert Rix.
Ihre Forschungsergebnisse veröffentlichten die Forscher in der Fachzeitschrift The Astrophysical Journal.
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