Ein bestimmter Körpergeruch, der unter anderem auf dem Kopf von Neugeborenen zu finden ist, scheint das Tier in uns zu wecken, wenn auch mit unterschiedlichen Auswirkungen bei Männern und Frauen. Die Frage nach der Ursache dürfte in der Evolution liegen.
Wie Gerüche unser Gehirn beeinflussen
Im Tierreich ist die Kommunikation in Form von Düften weitverbreitet. Insekten können Artgenossen mithilfe von Pheromonen anlocken, Bauern benutzen den gleichen Mechanismus umgekehrt zur Vertreibung der Schädlinge. Heutzutage ist bekannt, dass Gerüche im menschlichen Gehirn zu einer Vielzahl an Reaktionen führen können, die meist im Unterbewusstsein stattfinden. So hat der Körpergeruch eines potenziellen Partners einen Einfluss darauf, ob wir ihn attraktiv finden oder nicht. So ist es nicht überraschend, dass viele Eltern vom Geruch ihrer Neugeborenen gar nicht genug bekommen können.
Durch die weitere Erforschung dieser Prozesse hat ein Team von Wissenschaftlern vom Weizmann Institut of Science in Israel um Noam Sobel ein Molekül identifiziert, das einen direkten Einfluss auf unser Verhalten ausübt. Der Duftstoff, der nicht nur auf der Kopfhaut vorkommt, sondern auch in Fäkalien oder der Atemluft zu finden ist, hat eine direkte Auswirkung auf das menschliche Gehirn und Aggressionslevel. Das Molekül mit dem Namen Hexadekanal (HEX) scheint Verbindungen im Gehirn von Frauen abzubauen, die soziale Entscheidungskraft reguliert. In Männern wird genau das Gegenteil bewirkt. Hier scheinen mehr Verbindungen aufgebaut zu werden.
Aggressionstest an 180 Teilnehmern
Um die Auswirkung zu untersuchen, unterzogen die Forscher insgesamt 180 Menschen einer Methode, die dafür bekannt ist, menschliche Aggressionen zu fördern. In den zwei Phasen, die die Probanden während dem Experiment durchliefen, wurde erst Frust und später Aggression ausgelöst. Dabei wurde einer Gruppe von Probanden HEX unter die Nase gehalten, die andere Gruppe erhielt einen Kontrollstoff.
Die beiden Gruppen zeigten unterschiedliche Reaktionen: Während Frauen, die dem HEX ausgesetzt waren, eine größere Aggression zeigten als ihre Kontrollgruppe, fand sich bei Männern der genau umgekehrte Effekt. Genau dies könnte eine wichtige Bedeutung in der menschlichen Entwicklung gehabt haben: „Männliche Aggression äußert sich oft in Aggression gegenüber Neugeborenen; Kindstötung ist ein sehr reales Phänomen im Tierreich. Weibliche Aggression hingegen äußert sich in der Regel in der Verteidigung des Nachwuchses“, erklärt die Hauptautorin Dr. Eva Mishor in einem Artikel auf der Website des Instituts.
Babys verteidigen sich durch Geruch
Mit dieser Studie gelang es Forschern erstmals, eine direkte Verbindung zwischen einem Geruchsstoff und einer Reaktion im menschlichen Verhalten zu beobachten. Da Babys keine Möglichkeit haben, mit ihren Eltern zu kommunizieren, scheint der Duftstoff ihnen einen Vorteil zu verschaffen „Als Baby ist es in deinem Interesse, deine Mutter aggressiver zu machen und die Aggressivität deines Vaters zu verringern“, erklärt Prof. Noam Sobel in dem Artikel.
Um ihre Ergebnisse zu bestätigen, scannten die Forscher das Gehirn ihrer Probanden während des Aggressionstests mithilfe eines MRT und verglichen die Hirnaktivitäten. Dabei kam heraus, dass zwar beide Geschlechter den Stoff als geruchslos wahrnehmen, die neurologische Reaktion allerdings stark unterschiedlich ist. Bei beiden kam es zu einer Aktivierung des linken Gyrus angularis, der an der Integration sozialer Signale beteiligt ist. Wie dieser mit anderen Hirnregionen kommunizierte, unterschied sich jedoch zwischen Männern und Frauen.
„HEX wirkt sich bei Männern offenbar dahin gehend aus, dass sie ihre Aggressionen stärker sozial regulieren, in Schach halten und es ihnen als ‚Cool down‘-Signal dient, während bei Frauen die Regulierung abnimmt und man von einem ‚Freisetzungssignal‘ sprechen kann“, erklärt Dr. Mishor. Die Ergebnisse veröffentlichten die Forscher kürzlich im Fachjournal „Science Advances„.
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