Die Chemie des Bodens hat einen direkten Einfluss auf die Fortpflanzung von wilden Tieren. Dies zeigt eine neue Studie der Universität Aarhus und des Centre National de la Recherche Scientifique in Toulouse. Die dänischen und französischen Forscher fanden heraus, dass Gebiete mit höheren Konzentrationen von Kupfer und Selen im Boden zu einem höheren reproduktiven Erfolg bei wilden Moschusochsen in Grönland führen. Die Ergebnisse legen nahe, dass die chemische Zusammensetzung des Bodens die Verfügbarkeit essenzieller Mineralien für die Tiere beeinflusst, was sich wiederum auf ihre Fortpflanzung auswirkt.
Multidisziplinärer Ansatz ermöglicht Rückschlüsse
Für ihre Untersuchungen sammelten die Wissenschaftler Daten über einen Zeitraum von 25 Jahren. Sie verfolgten in dieser Zeit die Bewegungsmuster der Moschusochsen, erfassten die Anzahl der Tiere und überwachten die Ausbreitung der Population. Zudem analysierten sie die Pflanzenzusammensetzung und die chemische Zusammensetzung des Bodens an 50 verschiedenen Standorten in Grönland. Erst die Kombination dieser Daten ermöglichte einen Rückschluss der Reproduktion der Tiere auf die chemische Zusammensetzung des Bodens.
„Es handelt sich um eine wirklich interdisziplinäre Studie, die Chemie, Geologie und Ökologie miteinander verbindet, und ich hoffe, dass dieser Ansatz auch in anderen Bereichen Anwendung finden wird. Wir haben hier nur 25 Quadratkilometer von Grönland kartiert, aber man könnte noch viel mehr von der Arktis auf ähnliche Weise kartieren“, so die an der Studie beteiligte Forscherin Sophia V. Hansson in einer Pressemitteilung. „Normalerweise konzentrieren sich Studien auf die Schadstoffe oder die Hauptelemente wie Kohlenstoff und Stickstoff, aber hier betrachten wir auch die wesentlichen kleineren Komponenten – Spurenelemente wie Kupfer und Selen -“.
Jedoch sind in der Tundra Südgrönlands auch Gebiete vorhanden, in denen höhere Werte von Schadstoffen vorhanden sind. Wissenschaftler Floris M. van Beest erklärt: „In einigen Gebieten haben wir Arsen und Blei gefunden, und wir wissen, dass dies den Fortpflanzungserfolg der Moschusochsen verringern kann. Eine kausale Wirkung konnten wir hier jedoch nicht feststellen. Normalerweise würden die Fortpflanzungsorgane zusammenbrechen, aber es gibt immer noch Moschusochsen, also haben sie irgendwie einen Weg gefunden, um zu überleben“.
Grundlage für weitere Untersuchungen
Normalerweise sind Schadstoffe wie Blei und Arsen in den Heidelandschaften weiter oben in den Bergen stärker konzentriert. „Wir können feststellen, dass der Fortpflanzungserfolg der Moschusochsen höher ist, wenn sie in den Tälern bleiben und Gras fressen. Wenn sie in die Berge wandern und in der Heide fressen, bekommen sie weniger Kälber“, so der Forscher. Dies könnte ein Grund dafür sein, dass sich die Moschusochsen lieber in den Tälern aufhalten, um sich hier von Gras und Zwergweiden ernähren.
Auch wenn sich die Ergebnisse nur auf grönländische Ochsen beziehen, gehen die Forscher davon aus, dass andere Tiere in ähnlicher Weise von der Chemie des Bodens beeinflusst werden dürften. „Wir wissen nicht viel darüber, wie dies in der freien Natur funktioniert. Aber von Tierärzten und Zoos wissen wir etwas. Sie geben den Tieren seit langem zusätzliches Futter und kennen einige der Auswirkungen. Aber bei Wildtieren ist das natürlich anders.“ so Hansson.
Nun hoffen die Wissenschaftler auf weitere Untersuchungen, bei denen andere Tiere und andere Gebiete mit einer anderen chemischen Zusammensetzung des Bodens analysiert werden würden. Van Beest kommentiert: „Nicht jedes Tier braucht die gleiche Menge an Elementen. Aber man kann den Ansatz auch in anderen Bereichen anwenden. Jetzt wissen wir ein wenig mehr darüber, wie diese Elemente im Ökosystem verteilt sind und wie sie sich auf die Tiere auswirken. Der nächste Schritt wäre, mit demselben Ansatz auch andere Gebiete in Europa zu kartieren“.
Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift „Science of the Total Environment“ veröffentlicht.
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