Wissenschaftlern der Columbia University in New York ist es gelungen, ein sogenanntes Bose-Einstein-Kondensat (BEC) aus Molekülen herzustellen. In diesem ultrakalten Materiezustand führt die Quantenmechanik zu erstaunlichen Gegebenheiten.
Moleküle statt Atome
Mittlerweile sind BECs in vielen Laboren Teil des Tagesgeschäfts. In den meisten Fällen werden diese routinemäßig aus verschiedenen Atomsorten hergestellt. So konnten Forscher in der Vergangenheit das Verständnis von Konzepten wie der Wellennatur von Materie und Supraflüssigkeiten nach und nach erweitern und den Weg für neue Technologien wie Quantengasmikroskopen und Quantensimulatoren ebnen. Allerdings sind Atome im Großen und Ganzen relativ einfach, so die Wissenschaftler. Sie weisen in der Regel keine Wechselwirkungen auf, die sich aus der Polarität ergeben könnten.
Bei dem neu entwickelten Kondensat der US-Forscher verhält es sich nun anders. Das auf gerade einmal fünf Nanokelvin (etwa -459,66 °C) heruntergekühlte Kondensat bestand aus Natrium-Cäsium-Molekülen und erwies sich als überraschend stabil. Wie Wassermoleküle sind auch diese Moleküle polar, das heißt, sie tragen sowohl eine positive als auch eine negative Ladung. Die unausgewogene Verteilung der elektrischen Ladung erleichtert die weitreichenden Wechselwirkungen, die diese ungewöhnliche Physik auf Mikroebene ausmachen. Ganze zwei Sekunden lang konnten die Chemiker ihr Kondensat aufrechterhalten und so eine mögliche Grundlage für unterschiedlichste Experimente gewinnen.
Zahlreiche Forschungsfelder im Fokus
„Molekulare Bose-Einstein-Kondensate eröffnen ganz neue Forschungsbereiche, vom Verständnis der grundlegenden Physik bis hin zu leistungsstarken Quantensimulationen“, so Laborleiter Sebastian Will. „Dies ist eine aufregende Errungenschaft, aber es ist wirklich erst der Anfang“. So sollen schon bald eine Reihe verschiedener Quantenphänomene erforscht werden, darunter neue Arten von Suprafluidität, einem Zustand der Materie, der ohne Reibung fließt. Außerdem hoffen die Wissenschaftler ihr Kondensat als Simulator verwenden zu können, der Zugang zu den Quanteneigenschaften komplexerer Materialien gewähren könnte, wie etwa fester Kristalle.
Um diesen Quantenzustand zu erreichen, setzten die Forscher eine Kombination aus Laserkühlung, Magnetmanipulation und – das Besondere – Mikrowellenstrahlung ein. Letztere diente dazu, die Moleküle vor Zusammenstößen zu „schützen“ und so eine effizientere Kühlung zu ermöglichen. „Indem wir diese dipolaren Wechselwirkungen kontrollieren, hoffen wir, neue Quantenzustände und Phasen der Materie zu erzeugen“, so Co-Autor und Postdoktorand Ian Stevenson.
Die Studie wurde im Fachmagazin Nature veröffentlicht.