
Ein chinesisches Forscherteam möchte neue Erkenntnisse zum Erdinneren erschlossen haben. So soll der Erdkern womöglich aufgehört haben, sich zu drehen.
Relative Drehung des Kerns gestoppt
Davon, dass sich die Erde um ihre eigene Achse dreht, scheinen mittlerweile alle gängigen Theorien überzeugt. Bisher hatte man auch angenommen, dass der Erdkern tief im Inneren des Planeten relativ mit der Bewegung der Erde mitschwingt. Der Kern im Erdinneren macht dabei etwa ein Sechstel der Gesamtgröße der Erde aus und ist von einem flüssigen Kern umgeben.
Eine neue Studie, die kürzlich im Fachmagazin Nature Geoscience erschien, will nun gezeigt haben, dass der Erdkern mit seiner schwingenden Bewegung aufgehört haben soll. Für die Untersuchung haben Wissenschaftler der Universität Peking seismische Daten aus den Jahren 1990–2000 gesammelt und diese anschließend miteinander verglichen. Dabei wurden vor allem Erdbebendaten gemessen. Die Ergebnisse dieser seismischen Beobachtungen könnten Grund zu der Annahme liefern, dass der Erdkern aufgehört hat, sich im Inneren, relativ zur Erdbewegung selbst, zu drehen.
Veränderung der Drehrichtung ab 2009 vermutet
In einer Erweiterung der Untersuchung wurden Daten zurück bis ins Jahr 1964 zurate gezogen, mit erstaunlichen Ergebnissen. So soll der Erdkern seit den 1970er-Jahren schneller als der Planet selbst in Richtung Osten rotiert haben. Einer der teilnehmenden Seismologen, Yi Yang, erklärt, die seismischen Wellen haben sich etwa alle 30 Jahre verändert. So sollen die Erdbebenwellen bis etwa 2008 stark voneinander zu unterscheiden gewesen sein.
Yang stellt die These auf, dass der Erdkern nicht gänzlich aufhöre, sich zu bewegen, sondern viel mehr seine Richtung wechseln würde. Seit 2009 beobachten die Seismologen veränderte Wellen, die aber untereinander besser übereinstimmten und vermuten, dass der Kern seit dieser Zeit seine Richtung geändert haben könnte. Damit soll die allmähliche Rückdrehung des inneren Kerns relativ zum Erdmantel als Teil einer etwa sieben Jahrzehnte dauernden Oszillation zusammenzuhängen. Dabei soll auch die Geschwindigkeit des Erdkerns gegenüber der relativen Geschwindigkeit der Erde selbst abgenommen haben.
Die Änderung der Drehrichtung des Kerns falle auch mit einer Reihe von geophysikalischen Beobachtungen zusammen, die die Vermutung der Forscher bestätigen. Vielleicht könnte die Studie damit auch neue Erkenntnisse über die Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen Schichten der Erde liefern, meinen die Seismologen. Trotzdem bleibt es auch für die moderne Wissenschaft schwierig, die Abläufe des Inneren unseres Planeten genau zu verstehen, da der Untersuchungsgegenstand viele tausende Kilometer unter der Erdoberfläche liegt und für Menschen nicht zugänglich ist.
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