Die Erde kühlt schneller aus als gedacht. Dies haben Geologen der ETH Zürich nun über die Wärmeleitfähigkeit des Erdmantels bestimmen können. Demnach gibt der Kern rund 50 % mehr Wärme an den Mantel ab als bisher angenommen wurde.
Heißer Kern ist Grundvoraussetzung für Leben auf der Erde
Das Leben auf der Erde ist auch deswegen möglich, weil der Planet ein Leben in seinem Inneren aufweist. Durch den heißen Erdkern werden nicht nur die Plattenverschiebungen ausgelöst, auch Gebirge und Vulkane sind auf diesen Ursprung zurückzuführen. Zudem darf nicht der wertvolle Schutzfaktor des irdischen Magnetfeldes vergessen werden. Auch dieser wird durch die Strömungen im Erdinneren aufgebaut. Die metallhaltigen Lavaschichten fließen so ineinander, dass der Planet zu einem riesigen Dynamo wird und gefährliche Strahlung aus dem All durch ein starkes Magnetfeld abblocken kann. Ein vollständiges Erkalten des Erdkerns könnte laut einigen Forschern dazu führen, dass unserem Heimatplaneten das gleiche Schicksal ereilt wie etwa dem Mars.
Dass es eines Tages so weit kommen könnte, liegt auch an der natürlichen Wärmeleitfähigkeit des Mantels. Gerade in der Übergangszone zwischen Mantel und Erdkern findet man in hohem Maße das Mineral Bridgmanit vor. Diese zähflüssige Gesteinsschicht wird beständig mit Lava aus Eisen und Nickel in Verbindung gebracht, die jedoch etwa 1000° C heißer ist. „Dies ist wegen ihres steilen Temperaturgradienten die größte thermische Grenze der Erde“, so die Forscher der ETH Zürich, „das wirft die Frage auf, wie schnell die Erde Wärme verliert und damit verbunden, wie lange sie noch dynamisch aktiv bleiben kann“. Tatsächlich müsse sich an dieser Grenze der generelle Wärmeverlust des gesamten Planeten orientieren.
Forscher musste Bedingungen im Erdkern imitieren
Bis dato lag in der Messung der Wärmeleitfähigkeit von Bridgmanit ein erhebliches Problem. Um nämlich bestimmen zu können, wie viel Hitze das Mineral aufnimmt und wieder abgibt, mussten die Wissenschaftler den Vorgang im Erdinneren imitieren und hierbei entsprechend auch die gleichen Verhältnisse in Sachen Druck und Temperatur berücksichtigen. Die Schweizer Forscher konnten nun genau ein solches System aufbauen, indem sie in einem ersten Schritt einkristalline Kristalle aus Bridgmanit unter Hochdruck und Hitze herstellten und diese mithilfe einer Diamantstempelzelle dem Druck von 80 Gigapascal aussetzten. Dann kam ein Laser zum Einsatz, der die Kristalle auf eine Temperatur von etwa 2200° C aufheizte.
Die Messung konnte schließlich über ein Spektroskop vollzogen werden. Mit diesem Instrument lassen sich die ausgehende Strahlung messen und Rückschlüsse auf das Kristallgitter, die Wärmeleitung und die Hitze ziehen.
Rund 5,3 Watt pro Meter und Kelvin (W/mK) werden von dem Mineral weitergegeben. Die Forscher gehen davon aus, dass die Gesamtwärmeleitfähigkeit bei etwa 15,2 W/mK liegen müsse. Die neuen Ergebnisse liegen 1,5-mal über bisherigen geophysikalischen Annahmen.
„Unsere Ergebnisse könnten uns eine neue Perspektive auf die Entwicklung der Dynamik der Erde eröffnen“, so der Geologe Motohiko Murakami. „Sie deuten darauf hin, dass die Erde wie die anderen Gesteinsplaneten Merkur und Mars viel schneller als erwartet auskühlt und inaktiv wird.“
Einen Rückschluss auf die Zeitdauer, in der die Erde kalten wird, konnten die Wissenschaftler allerdings nicht geben. „Solche Ereignisse zeitlich einzugrenzen, ist mit dem aktuellen Stand des Wissens nicht möglich“, so der Geologe. Hierfür wären weitere Erkenntnisse über den radioaktiven Zerfall von Elementen im Erdkern und über den Prozess der Mantelkollektion notwendig.
Link zur Studie: https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0012821X21005859
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