Die Frage, woher die ersten Zellen ihre Energie bezogen, um den Stoffwechsel am Laufen zu halten, treibt die Wissenschaft schon lange um. Ein deutsch-österreichisches Team aus Forschern der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf könnte jetzt Antworten gefunden haben. Sie entdeckten ein Netzwerk an Reaktionen, das in allen Lebensformen zu finden ist. Des Weiteren fanden sie heraus, dass in der richtigen Umgebung, mit genügend Wasserstoff, die Reaktionen Energie freisetzten. So schien sich der Stoffwechsel des ersten Lebens selbst mit Energie zu versorgen. Die Wissenschaftler veröffentlichten ihre Studie heute im Fachjournal: „Frontiers in Microbiology“.
Woher bezogen die ersten Zellen ihre Energie
Auch wenn unklar ist, wie und wo das erste Leben entstand, gilt es als sicher, dass die grundlegenden Bausteine des Lebens, wie Aminosäuren oder DNA, schon in der ersten Zelle gebildet werden mussten. Forscher der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf konnten bereits 2016 in einer Studie herausfinden, dass der Vorfahre allen Lebens an hydrothermalen Tiefseequellen entstanden sein musste. Sie nannten ihren Fund LUCA (last universal common ancestor).
Jetzt wollte das Team um Jessica Wimmer herausfinden, woher diese Urzelle die Energie für seinen Stoffwechsel bezog, also für die Prozesse, die die grundlegenden Bausteine der Zelle bildeten. Dafür untersuchten Sie die Reaktionen in ursprünglichen Mikroben und entdeckten ein Netzwerk an Stoffwechselprozessen, dass schon in LUCA vorhanden gewesen seien muss.
Durch diese 402 chemischen Reaktionen entstehen die Bestandteile des Lebens, also die 20 Aminosäuren, aus denen Proteine aufgebaut werden, die Basen für DNA und RNA und die für den Stoffwechsel benötigten Vitamine. Auch in den untersuchten Mikroben wurden diese aus Wasserstoff (H2), Kohlendioxid (CO₂) und Ammoniak (NH3) gebildet, die es in den Unterwasserquellen reichlich zu finden gibt.
Reaktionen in der Zelle setzen Energie frei
Doch wie Wimmer berichtete, gab es zu der Zeit noch keine Enzyme, die die Reaktionen katalysieren konnten, wie bei heutigen Lebensformen der Fall. „Die Reaktionen mussten vielmehr in der damaligen Umwelt von sich aus stattfinden können. Es gab schon viele Vermutungen, woher die treibende Energie hätte stammen können. Im Stoffwechsel selber hatte aber noch niemand gesucht“, erklärt die Erstautorin den Ansatz in einem Artikel der Universität.
Als die Forscher die Reaktionen auf ihre Energiebilanz testeten, fanden sie heraus: Die meisten der Reaktionen setzten Energie frei. So war LUCA auf keine externen Energiequellen wie UV-Licht oder Radioaktivität angewiesen, sondern bezog die Energie aus den eigenen Stoffwechselprozessen. „Das ist deshalb aufregend, weil der sonst so komplizierte Stoffwechsel auf einmal eine natürliche Tendenz offenbart, sich unter den richtigen Bedingungen von alleine zu entfalten“, kommentierte Letztautor Prof. Martin den Fund im Artikel.
Lucas‘ Stoffwechsel versorgte sich selber
Die Computerberechnungen der Wissenschaftler stützen auch die These des Ursprungs des Lebens in den Hydrothermalquellen. So wurde untersucht, unter welchen Umweltbedingungen die Reaktionen am besten ablaufen können, da der pH-Wert, die Temperatur und die Konzentration der Ausgangsstoffe die Energiebilanz der Reaktionen beeinflusst. „Ohne Wasserstoff geht gar nichts, weil dieser benötigt wird, um das CO₂ überhaupt in den Stoffwechsel einzuschleusen“, erklärte Wimmer.
Die Berechnungen zeigten, dass die Umweltbedingungen um die Unterwasserquellen herum eine optimale Umgebung lieferten: „Dieses Milieu entspricht genau der Umgebung, die man im Hydrothermalfeld ‚Lost City‘ im Atlantis-Massiv, einem unterseeischen Gebirge im Mittelatlantik, vorfindet. In dieser Umgebung könnten rund 97 Prozent der 402 Reaktionen spontan ablaufen, also ohne zusätzliche Energiezufuhr“, fasste Prof. Martin zusammen. „In dieser Umgebung ist Wasserstoff in jeder Hinsicht chemisches Sonnenlicht. Die moderne Energieforschung nutzt genau die gleichen Eigenschaften des Wasserstoffs wie das Leben. Nur hat das Leben schon vier Milliarden Jahre Erfahrung damit, wir fangen gerade erst an.“