Erdbeben sind faszinierende und erschreckende Umweltphänomene. In einigen Regionen der Erde wackelt die Erde bis zu zwanzigmal im Jahr. Je nach Stärke und Dauer verlieren dabei mehrere Tausend Menschen ihr Leben – innerhalb von Sekunden. Jüngstes Beispiel hierfür war das Erdbeben in Marokko.
Um zukünftige Tragödien so gut es geht vermeiden zu können, arbeiten Wissenschaftler bereits seit Jahren an einem Frühwarnsystem. Doch die Arbeit gestaltet sich schwierig und es lassen sich bisher nur bedingt Vorhersagen treffen, die die Menschen schnell und effektiv in ihrem Alltag erreichen würden. Roland Bürgmann, erfahrener Seismologe an der University of California in Berkeley, hofft dank neuester Daten nun auf einen neuen Ansatz, der Erdbeben vorhersagen könnte. Er veröffentlichte seine Analyse über das Wissenschaftsmagazin Science.
Untersuchungen vor dem Beben: So entstehen Erdbeben
Bei einem Erdbeben reiben in der Regel zwei, manchmal aber auch drei Erdplatten aneinander. So entstehen Risse und Schwingungen, die sich an der Erdoberfläche durch ein Erdbeben entladen. Bürgmann betont, wie wichtig ein Frühwarnsystem ist: „Die kurzfristige Erdbebenvorhersage – das heißt, die Fähigkeit, eine Warnung von Minuten bis zu ein paar Monaten vor einem Hauptschock auszugeben – ist ohne die Existenz eines beobachtbaren und umsetzbaren Vorläufers unmöglich. Ein Hauptziel ist also die Entdeckung eines gemeinsamen vorbereitenden Verwerfungsprozesses, der uns sagen kann, wo, wann und wie groß ein bevorstehendes Erdbeben sein wird.“
In den vergangenen Jahrzehnten haben Untersuchungen gezeigt, dass die beschriebenen Verschiebungen bereits lange vor dem eigentlichen Ereignis beginnen und somit einige Monate vor einem Erdbeben auch theoretisch messbar sind. Diese Messungen gestalten sich in der Praxis jedoch als sehr schwierig.
GPS Messungen unter der Erde
Bürgmann setzt sich hierbei insbesondere mit einem System auseinander, dass seine Kollegen Bletery und Nocquet, erstmalig erprobt haben. Sie untersuchten einen globalen Datensatz auf über 3.000 GPS Sensoren, die an aseismischen Verschiebungen angebracht sind. „In dieser Studie präsentieren Bletery und Nocquet eine systematische Analyse der Veränderungen der horizontalen Position von etwa 3000 geodätischen Stationen, die mit dem Global Positioning System (GPS) in der Nähe von 90 globalen Erdbeben mit einer Stärke von mehr als 7 gemessen wurden“, so der Seismologe.
Dabei fanden die Experten heraus, dass die Stationen eine horizontale Bewegung aufzeichneten. Diese beschleunigten sich exponentiell in eine Richtung. Diese Verwerfungen zeigten sich teilweise bereits bis zu zwei Stunden vor dem Erdbeben: „Für jedes einzelne Erdbeben bleibt das Signal bestenfalls subtil, aber etwa die Hälfte aller untersuchten Erdbeben zeigte eine Beschleunigung in horizontaler Verschiebung von nahe gelegenen geodätischen Stationen.“
Bürgmann plant nun weitere Untersuchungen mit GPS Daten und hofft auf wertvolle Daten. Er geht jedoch bereits davon aus, gemeinsam mit seinen Kollegen eine Grundlage entdeckt zu haben, die die Menschen in Erdbebenregionen in Zukunft früh vorwarnen kann.
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