Der Asteroid Kleopatra ist bei den Astronomen eigentlich ein alter Bekannter. Neue Bilder des Very Large Telescope (VLT) der Europäischen Südsternwarte (ESO) liefern nun allerdings die bisher schärfsten Bilder des Himmelskörpers.
Noch nie zuvor war es so detailliert möglich, die konkrete Form und die Masse des sogenannten „Hundeknochen-Asteroiden“ zu bestimmen, selbst die Bahnen seiner zwei kleinen Monde konnten genauer definiert werden als jemals zuvor. Die Daten stammen von Aufnahmen, die zwischen den Jahren 2017 und 2019 gemacht wurden und Kleopatra aus diversen Blickrichtungen zeigt.
Kleopatra bereits seit 1880 bekannt
„Kleopatra ist in unserem Sonnensystem wirklich ein einzigartiges Objekt“, so Franck Marchis vom SETI Institute in Mountain View (USA) und am Laboratoire d’Astrophysique de Marseille (Frankreich) auf der Webseite der ESO. Marchis ist als führender Astronom für die Studie über den Asteroiden verantwortlich und sagt weiter: „Untersuchungen von seltsamen Außenseitern führen regelmäßig zu gehörigen wissenschaftlichen Fortschritten. So dürfte das auch bei Kleopatra sein.“
Das Magazin Astronomy & Astrophysics widmet dem Hundeknochen-Himmelskörper nun gleich zwei Artikel.
Bereits seit dem Jahr 1880 kannte man den Asteroiden. Damals galt die Entdeckung durchaus als Sensation, schließlich entdeckte man hier einen eigenständigen Himmelskörper im Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter. Vor rund 20 Jahren wurde durch die Technologie der Radarbeobachtungen die Gestalt erstmalig genauer beschrieben. Die Beobachtungen offenbarten eine ungewöhnliche langgezogene Form, die durch ihre etwas dickeren Seiten und einem dünneren Bauch eben an einen Hundeknochen erinnere.
Irdische Einflussfaktoren können aus Aufnahmen herausgerechnet werden
Dass auch noch zwei Monde zu dem Himmelskörper gehören, weiß man seit dem Jahr 2008. Sie wurden nach den Söhnen der legendären ägyptischen Königin benannt: AlexHelios und CleoSelene. Schon damals war Marchis für die neuen Erkenntnisse verantwortlich. Dank den außerordentlichen Fähigkeiten des VLT und seines SPHERE (Spectro-Polarimetric High-contrast Exoplanet Research) war es nun also möglich das Dreigespann genauer zu analysieren als jemals zuvor. Neben optischen Aufnahmen sorgen Berechnungen dafür, dass Verzerrungen, die durch die irdische Atmosphäre entstehen, aus den Bildern herausgerechnet werden können.
Die neuen Zahlen zum Asteroiden lassen gewaltige Ausmaße erahnen. Ganze 270 km lang soll Kleopatra demnach sein -die ESO spricht von einer Länge, die der Hälfte des Ärmelkanals entspricht -, allerdings soll die Masse rund 35 % unter der bisherigen Annahme liegen. Das habe auch Auswirkungen auf die Dichte, die die Astronomen dazu bringt, Kleopatra -wenig charmant- als Trümmerhaufen zu bezeichnen. Die Dichte sei so wohl nur etwa halb so hoch wie bei Eisen. Ein „gewaltiger Einschlag“ könnte den Asteroiden demnach in seine Einzelteile zerlegt haben und durch die Gravitation fanden die Trümmer nach dem Einschlag wieder zueinander. Rotation und Fliehkräfte hielten sich dabei nun gewissermaßen in einer Balance. Sollte der Drehmoment plötzlich zum Erliegen kommen, würden die Trümmer demnach den Asteroiden förmlich auseinanderfliegen lassen.
Kleopatra könnte ihre Söhne selbst geboren haben
So vermuten die Wissenschaftler, dass auch Kleopatras Begleiter durch Einschläge entstanden sein könnten. „Kleopatra hätte ihre Monde also tatsächlich selbst geboren“, schreibt die ESO. Durch die neuen Daten und weitere Forschung erhoffen sich die Astronomen noch weitere Hinweise auf die Eigenheiten unserer unmittelbaren Nachbarschaft im Weltall. „Wenn wir dieses komplexe Asteroidensystem besser verstehen, können wir eine Menge über unser Sonnensystem lernen“, so Franck Marchis.
Bild: kristian fagerström/Flickr