„Warum können manche Menschen einfach aufhören zu essen, wenn sie satt sind, während andere weiter essen und dadurch Übergewicht entwickeln?“ Das fragen US-amerikanische Forscher der Northwestern University in einer Pressemitteilung vom vergangenen Donnerstag. Eine mögliche Erklärung könnte in einer spezifischen Gehirnverbindung liegen.
Riechsinn und Motivation im Fokus
In früheren Studien zeigte sich bereits, dass der Geruch von Nahrungsmitteln umso ansprechender ist, je hungriger man ist. Um die neuronalen Grundlagen dieser Verbindung zwischen Riechsinn und Essverhalten besser zu verstehen, analysierten die Forscher Gehirndaten aus dem „Human Connectome Project“ des Nationalen Gesundheitsinstituts der USA (NIH). Hierzu kartierten sie die Stärke der Verbindung zwischen olfaktorischem Tuberkulus und PAG und replizierten die Ergebnisse anschließend mit eigenen MRT-Daten.
In ihrer Analyse (veröffentlicht im Fachmagazin Journal of Neuroscience) entdeckten die Neurowissenschaftler so eine bisher unbekannte strukturelle Verbindung zwischen zwei Hirnregionen, die eine Rolle bei der Regulierung des Essverhaltens zu spielen scheint. Es handelt sich dabei um den olfaktorischen Tuberkulus, eine Region der Riechrindenregion und Teil des Belohnungssystems im Gehirn, sowie die periaquäduktale Grausubstanz (PAG) im Mittelhirn, die an motiviertem Verhalten bei negativen Empfindungen wie Schmerz und Bedrohung beteiligt ist.
Schwache Verbindung zwischen Belohnungs- und Schmerzregionen
Je schwächer diese Verbindung zwischen den beiden Hirnregionen offenbar ausgeprägt ist, desto höher ist der Body-Mass-Index (BMI) einer Person im Durchschnitt. Die Wissenschaftler vermuten, dass bei gesunden Hirnvernetzungen zwischen Belohnungs- und Verhaltensarealen Signale gesendet werden, die dem Individuum mitteilen, dass Essen keine Befriedigung mehr bringt, wenn es satt ist. Stattdessen fühlt sich Überessen unangenehm an – wie ein Schalter, der den Appetit ausschaltet.
„Das Verlangen zu essen hängt damit zusammen, wie ansprechend der Geruch von Lebensmitteln ist – Lebensmittel riechen besser, wenn man hungrig ist, als wenn man satt ist“, so Hauptautor Guangyu Zhou von der Northwestern University. „Wenn aber die Schaltkreise im Gehirn, die dieses Verhalten steuern, gestört sind, können diese Signale verwirrt werden, was dazu führt, dass Essen belohnend wirkt, auch wenn man satt ist. Wenn dies geschieht, könnte der BMI einer Person ansteigen. Und das ist es, was wir gefunden haben. Wenn die strukturelle Verbindung zwischen diesen beiden Gehirnregionen schwächer ist, ist der BMI einer Person im Durchschnitt höher.“
Die Forscher hoffen nun, dass zukünftige Studien die genauen Mechanismen im Gehirn aufdecken können, um die Regulation des Essverhaltens noch besser zu verstehen. Ein besseres Verständnis dieser Grundprozesse könnte langfristig zu neuen Therapieansätzen gegen Übergewicht führen.