Es werde Licht! Nach einem Experiment von Physikern der Universität Bonn muss dieses biblische Zitat womöglich umgeschrieben werden zu: Es werde Materie! Tatsächlich ist es deutschen Wissenschaftlern gelungen, Licht in einen Zustand zu versetzen, der bisher lediglich von Materieteilchen bekannt war. Hierzu schlossen sie Photonen in einer Box ein und komprimierten diese so lange, bis sie das Verhalten von Atomen imitierten.
Als neuartiges Quantengas aus Licht erhöhte sich zunächst die Dichte der Photonen mit steigendem Druck. Wurde dieser Druck jedoch zu groß, dann verließen die Photonen ihren Gas-Zustand und es kam zum Effekt der Quantenentartung, bei der jeglicher Widerstand der Elementarteilchen verschwindet und ihr Aufenthaltsort gemäß der Heisenbergschen Unschärfe ineinanderfließt. Wie die Physiker im Fachmagazin Science schreiben, wurden durch das Experiment wichtige theoretische Grundbausteine der Quantenphysik bestätigt.
Gas aus Licht reagiert wie Materie
Im Normalfall findet zwischen Lichtstrahlen keine Wechselwirkung statt. Für die Photonen ist es somit möglich, sich zu kreuzen, ohne aufeinander Einfluss zu nehmen. Physikalisch erklärt liegt dies daran, da die Lichtteilchen als Bosonen zu den Trägerteilchen der Grundkräfte gehören. Trotzdem werden bestimmte Konstellationen möglich, in denen die Elementarteilchen äußerst exotische Zustände einnehmen. So können sich Photonen zu Molekülen verbinden oder in einem Bose Einstein Kondensat eingefangen werden.
Das Bonner Experiment zielte auf einen weiteren möglichen Zustand ab, der der von Materie gleichkommt. Hierzu erschufen die Wissenschaftler um Erik Busley eine Spiegelbox, die mit einer speziellen Nanostruktur ausgelegt war. Auf einer Fläche von gerade mal 80 µm wurden nun Lichtstrahlen über einen Laser an die Spiegel geleitet. Dabei konnten die Photonen kaum noch seitlich reflektiert werden, sondern fielen senkrecht aufeinander.
Lichtteilchen meiden sich erst und geben dann Widerstand auf
In dem Experiment zeigte sich, dass das Licht in einem solchen Fall tatsächlich versucht sich aus dem Weg zu gehen. Um den Versuch auszubalancieren und auf einer konstanten Temperatur durchführen zu können, nutzen die Quantenphysiker zudem Farbstoffmoleküle, die angeregt werden konnten und dadurch weitere Energie freigaben. Auf diese Weise entstand in der Spiegelbox eine Art Gas aus reinem Licht. Je mehr man den Druck erhöhte, desto intensiver wurde auch der Widerstand, also der Drang der Photonen sich zu meiden.
„Damit ist es uns zum ersten Mal gelungen, ein homogenes Quantengas aus Photonen zu erzeugen“, so Busley. Allein dieses Ergebnis wäre schon ein stolzes Resultat, jedoch konnten die Wissenschaftler noch einen Schritt weitergehen. Die Theorie der Quantenphysik sagte bereits voraus, dass Photonen ab einem bestimmten Druck ihren Widerstand ablegen müssten. Erstmalig gelang es nun Forschern, dies in einem Experiment zu belegen. Werden die Lichtteilchen derart stark aufeinander gepresst, dann findet eine sogenannte „Entartung“ statt. Hierbei überlappen sich die potenziellen Orte, an denen sich einzelne Teilchen befinden können. Dabei sind die jeweiligen Grenzen innerhalb der Heisenbergschen Unschärfe definiert.
Nun könnten sich völlig neue Forschung-Szenarien entwickeln, die sowohl das Lichtgas näher untersuchen, als auch die Entartung der Photonen.