Der Ichthyosaurier ist Teil einer ausgestorbenen Meerestiergruppe, die optisch Delfinen ähnelte – allerdings in einer gigantischen Form, denn die Reptilien waren ungefähr so groß wie amerikanische Schulbusse. Sie lebten, wie zahlreiche bekannte Dinosaurier an Land, während des Mesozoikums, starben aber wohl viele Dutzende Millionen Jahren vor ihren Zeitgenossen aus.
Alte Theorien widerlegt
Besonders herausragende Fossilexemplare gibt es in den USA. Darunter befindet sich auch eine berühmte Lagerstätte in Nevada, an der eine Vielzahl von Ichthyosauriern gefunden wurde. Auf nur wenigen Metern Gestein sind mindestens 37 versteinerte Urzeit-Delfine erkennbar. Seit der Entdeckung der Fossilien, die fünfzig Jahre zurückliegt, ranken sich Gerüchte um die Bildung. Trotzdem war lange Zeit unklar, warum sich dort so viele Tiere versammelten. Eine Theorie lautet, dass es zu einer Algenblüte oder einer anderen „Vergiftung“ des Wassers gekommen war und die Tiere deshalb verstarben. Doch diese Interpretationen konnten nie bestätigt werden.
Ein großes Team an internationalen Wissenschaftlern, das primär vom berühmten Smithsonian Institut unterstützt wurde, löste nun höchstwahrscheinlich das Rätsel: Es könnte sich um eine beliebte Geburtsstätte gehandelt haben. Dies bedeute außerdem, dass die Ichthyosaurier wahrscheinlich durch die Weltmeere migrierten, wie es heute Walen zu eigen ist. Dieses Ergebnis publizierten die Wissenschaftler jüngst im Fachmagazin „Current Biology“.
3D-Modell brachte Durchbruch
Archivarbeit, 3D-Modelle und geochemischen Analysen brachten letztlich die Wahrheit ans Licht. Eine der ersten Schritte war die Untersuchung des Gesteins, in das die Fossilien gebettet sind. Diese chemischen Analysen brachten zutage, dass es keine Veränderungen in der Umwelt gegeben hatte – eine Algenblüte oder ein Vulkanausbruch konnten damit ausgeschlossen werden.
„Als ich den Standort das erste Mal besichtigt habe, dachte ich mir, dass ein farbiges, hochauflösendes 3D-Modell des Steins der beste Weg zur Untersuchung sei“, so Studienleiter Neil Kelley in einer Pressemitteilung. „Mit diesem Modell wäre es möglich, die Anordnung der Fossilien zueinander zu bestimmen, ohne jeden einzelnen Knochen auszugraben.“ Diese 3D-Analyse realisierten die Forscher letztlich erfolgreich.
Wenige andere Fossilien gefunden
„Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Ichthyosaurier deswegen in großen Mengen an dieser Stelle starben, weil sie über viele Generationen – hunderte oder tausende Jahre – hinweg dorthin migrierten, um zu gebären“, erklärt Co-Autor Nicholas Pyenson. Durch das 3D-Modell und weitere Untersuchungen fanden die Forscher heraus, dass es auch Fossilien von Neugeborenen gab. Jedoch fanden die Wissenschaftler keine Hinweise für jugendliche Ichthyosaurier. Die Reptilien migrierten dementsprechend offenbar an diese Stelle, um die Geburt zu vollziehen. Für diese Theorie spricht auch, dass es im Gestein kaum Fossilien von anderen Tieren gibt – die Ichthyosaurier hatten also keine Feinde, die den Neugeborenen gefährlich werden konnten. Höchstwahrscheinlich zogen die Reptilien anschließend weiter, weil sie nicht genügend Nahrung fanden. „Das bedeutet, dass das Verhalten, das wir heute von Walen kennen, schon seit mindestens 200 Millionen Jahren existiert“, so Pyenson.
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