Die Zahl wissenschaftlicher Publikationen nimmt immer mehr zu. Häufig sind Forschungsgelder an Veröffentlichungen gebunden und Wissenschaftler erhoffen sich von einer hohen Anzahl an Publikationen höhere Karrierechancen. Um einen Artikel in einer Fachzeitschrift veröffentlichen zu dürfen, muss er zunächst ein Peer-Review-Verfahren durchlaufen. Hierfür braucht es Gutachter, aber die sind immer schwieriger zu finden. Dies bestätigt jetzt auch die Studie „Global State of Peer Review“.
Anfragen für Gutachter nehmen weiter zu
Von knapp 12.000 Forschenden wurden Daten der „Publons„-Plattform sowie Informationen aus Datenbanken wie dem „Web of Science„ausgewertet. Die Entwicklung ist eindeutig: musste der Redakteur einer Wissenschaftszeitschrift 2013 durchschnittlich nur 1,9 Gutachter anfragen, bis er ein Gutachten erhielt, so prognostizieren die Autoren der Studie im Jahr 2025 einen Anstieg auf 3,9 Gutachter pro wissenschaftlichem Artikel. In der Studie zeigen sich ebenfalls signifikante Unterschiede zwischen Schwellenländern und Industrienationen. Dies betrifft vor allem die Menge, aber auch die Schnelligkeit der Gutachtertätigkeiten. In den Schwellenländern gibt es eine höhere Annahme, allerdings werden sie auch seltener angefragt. Auch die Erstellung ist in den Schwellenländern schneller abgewickelt, der Text enthält in der Regel aber auch weniger Wörter.
In Deutschland mehr Publikationen als Gutachten
Die häufigsten Gutachten via Peer-Review-Verfahren erstellen laut Studie die USA. Amerikanische Wissenschaftlerinnen übernehmen 32,9 Prozent. Sie veröffentlichen selbst 25,4 Prozent aller wissenschaftlichen Artikel weltweit, womit sie mehr Gutachten erstellen als eigene Artikel zu publizieren. Auch in Großbritannien werden mehr Gutachten als eigene Artikel erstellt. In Deutschland hingegen ist der Anteil der Gutachten ein wenig geringer, als die Zahl der veröffentlichten Artikel. Dies ist beispielsweise auch in Südkorea, Taiwan, dem Iran und der Türkei der Fall. Einen Sonderfall stellt China dar: Hier liegt die Zahl der Gutachten (8,8 Prozent) und der Artikel (13,8 Prozent) am weitesten auseinander. Allerdings nehmen die Gutachten aus China stetig zu, in den letzten fünf Jahren um ganze 224 Prozent. In den Schwellenländern insgesamt stieg die Zahl der Gutachten deutlich um 193 Prozent.
Anreize für Gutachter-Tätigkeit gefordert
Über die Hälfte aller Wissenschaftler ist zufrieden mit der Qualität und Objektivität der Gutachten. Kritik gibt es in Bezug auf die Schnelligkeit des Peer-Review-Verfahrens. Im Durchschnitt braucht ein Gutachten 19,1 Tage, für mehr als 60 Prozent der Studienteilnehmer zu langsam. Es zeigt sich aber, dass das Tempo zunimmt, wenn sich erstmal Routine eingespielt hat. In den Agrarwissenschaften, Geo- und Ingenieurwissenschaften konnte man zwei Tage Bearbeitungszeit einsparen. Laut der der Prognose der Studie müsste in allen Fächern bis 2025 eine Abnahme um bis zu fünf Tage möglich sein. Die Autoren glauben aber auch, dass es ohne besondere Anreize nur schwer möglich sein wird, die Bereitschaft aufrecht zu erhalten. Das deckt sich mit den Aussagen der Studienteilnehmer: 83 Prozent glauben, dass mehr Wissenschaftler am Peer Review Verfahren teilnehmen würden, wenn damit bessere Karrierechancen und eine höhere Anerkennung verbunden wären.