Der Hase gehört zu Ostern wie das Lamm. Er ist ein beliebtes Haustier, eine kulinarische Delikatesse und Symbolbild für Aufersteheung. Auch in Märchen, Sagen und Redewendungen spielen Hasen immer wieder eine Rolle. Wie er domestiziert und zum festen Bestandteil unserer Kultur wurde stand eigentlich fest. Nun haben Forscher belegt: Unsere Beziehung zu den Nagetieren scheint anders abgelaufen zu sein, als bisher angenommen.
Hasenföten in der Fastenzeit
Vor allem zu Ostern sind Hasen allgegenwärtig. In etlichen Varianten steht er im Supermarktregal, als Naschwerk oder Dekoration. Auch in der Natur sieht man sie wieder vermehrt über die Wiesen hoppeln. Egal ob zartes Hauskaninchen oder kräftiger Feldhase, biologisch gesehen gehören sie beide zur Familie der Hasen. Wann der Mensch anfing die Nagetiere zu domestizieren schien von Wissenschaftlern und Hobbyhistorikern eindeutig geklärt. Man war der festen Überzeugung, dass dies um das Jahr 600 geschehen sein muss.
Zu diesem Zeitpunkt soll Papst Gregor I. ein Edikt erlassen haben, dass uns aus heutiger Sicht seltsam anmuten mag. Demnach galten die Föten von Kaninchen nicht als Fleisch, sondern als Meerestiere. Damit war ihr Verzehr auch in der Fastenzeit gestattet. So fingen französische Mönche an, wilde Kaninchen zu fangen und sie in Kisten zu züchten. Dies wurde bisher als der Beginn der Domestizierung von Hasen angesehen.
Dem Hasen auf der Spur
Forscher der Oxford Universität versuchten unter der Leitung des Archäologe Greger Larson diese Theorie nun mit der Hilfe von Gentests und Literaturrecherche zu bestätigen. Allerdings erwies sich die Geschichte von Papst Gregor I. als Irrtum. Menschen haben nach den Erkenntnissen der Studie viel früher damit begonnen, Hasen zu jagen, gefangen zu halten und ihre Population zu beeinflussen. Die Geschichte des Edikts von Papst Gregor I. beruht vermutlich auf einer Verwechslung oder einem Irrtum. Die Forscher entdeckten Aufzeichnungen aus dem 6. Jahrhundert, in denen der Bischof Gregor von Tours (der unter Umständen mit Papst Gregor I. verwechselt wurde) von einem Kranken berichtete, der während der Fastenzeit Kaninchenföten aß und wenig später verstarb.
Allerdings lässt das Schreiben offen, ob es sich bei der Person um einen Christen handelte. Dieses Detail scheint der deutsche Genetiker Hans Nachtsheim 1936 seinem Buch „Vom Wildtier zum Haustier“ eingefügt zu haben. Hier nahm die falsche Geschichte ihren Lauf. Auch Gregor Larson hat diese Version in der Vergangenheit selbst mehrfach zitiert. „Es wundert mich aber heute, dass niemand die Geschichte von Papst Gregor früher überprüft oder infrage gestellt hat“, sagt der Archäologe.
Puzzleteile der Domestizierung
In ihrer Studie hat das Forscherteam den Zeitpunkt ermittelt, an dem sich das Hauskaninchen vom modernen wilden Kaninchen genetisch entfernt hat. Erste Abweichungen lassen sich am Schluss der letzten Eiszeit ausmachen, also vor ungefähr 12.200 bis 17.700 Jahren. Daraus allein kann jedoch nicht auf eine Domestizierung geschlossen werden, da die Veränderungen vielmehr auf Veränderungen in der Natur hinweisen, auf die sich die Tiere eingestellt haben.
In verschiedenen Aufzeichnungen stießen sie dann auf Puzzleteile, die allesamt von der Geschichte der Haltung Zähmung des Hasen erzählen. Bereits vor 15.000 Jahren wurden Hasen in Frankreich und Spanien gejagt. Andere Schriften zeugen davon, dass die Römer spätestens im 1. Jahrhundert Hasen in Gefangenschaft hielten. Im Mittelalter galten sie als Delikatesse und wurden zum Verzehr quer durch Europa transportiert. Ab dem 17. Jahrhundert finden sich Hinweise darauf, das Hasen als Haustiere gehalten wurden. Es zeigt sich, die Domestizierung des Hasen hat sich nicht von heute auf morgen und auch nicht linear vollzogen, sondern war ein langsamer Prozess.