Für viele Tierarten ist die Menschheit die größte Bedrohung überhaupt. Doch einige Tierarten machen sich die Erdbevölkerung zunutze und leben beispielsweise von Essensresten, weshalb sogar Städte zum Lebensraum für Füchse, Dachse und anderen Tieren werden. Wissenschaftler fanden nun heraus, dass das keine Entwicklung der Neuzeit ist. Bereits vor über 150.000 Jahren besaßen Menschen solch spezielle Bindungen zu Tieren und andersherum. Die Tierwelt profitierte also bereits in der Altsteinzeit vom menschlichen Leben.
Raben und Menschen lebten bereits in der Steinzeit zusammen
Chris Baumann, Shumon Hussain und vier weitere Kollegen veröffentlichten zu diesem Thema eine Studie im Fachmagazin Nature Ecology and Evolution. Sie fanden heraus, dass Raben in der frühen Steinzeit mit Menschen zusammengelebt haben. Bei Grabungen in den tschechischen Gebieten Předmostí I, Pavlov I und Dolní Věstonice I. entdeckten die Forscher die Überreste von zwölf erwachsenen Raben in unmittelbarer Nähe zu Menschendörfern.
Die Wissenschaftler vermuten, dass die Tiere vom Abfall der Dorfbewohner gelebt haben müssen. Im Unterschied zur heutigen Zeit, in der sich die Raben gerne mal Müll aus öffentlichen Mülleimern fischen oder von Straßen aufsammeln, haben die Dörfer die Vögel allerdings möglicherweise bewusst gefüttert, wie der Chefautor beschreibt: „Auf der Grundlage der reichhaltigen zooarchäischen und Siedlungsdaten aus dem Pavlovianer deuteten frühere Arbeiten darauf hin, dass gewöhnliche Raben von menschlichen häuslichen Aktivitäten angezogen und anschließend von Pavlovianern gefangen genommen wurden, vermutlich für Federn und vielleicht Nahrung.“
Ein gesundes Ökosystem
Um herauszufinden, wie genau das Zusammenleben zwischen Mensch und Tier zu dieser Zeit funktioniert hat, analysierten die Forscher die Knochen der zwölf Raben. Dabei ermittelten sie unter anderem den Gehalt von Stickstoff-, Kohlenstoff- und Schwefelisotope in den Überresten. Aus diesem Werten ging hervor, dass sich die Tiere überwiegend von Fleisch ernährten: „Wir zeigen, dass sich Pavlovian Raben regelmäßig von größeren Pflanzenfressern und insbesondere Mammuts ernähren und sich in den Fütterungspräferenzen mit zeitgenössischen Gravettian-Rasagern (Bezeichnung für lokale Jagdvölker der Urzeit, Anm. die Red) abstimmen.“
Da Raben von Natur aus eigentlich nicht zu den Fleischfressern gehören, geht die Forschungsgruppe davon aus, dass sich die Tiere das Verhalten bei den Menschen abgeguckt haben. Sobald ein Dorf etwa ein großes Mammut erlegt hatte, hatten die Tiere eine einfache Beute und mussten nicht mehr selbst auf Nahrungssuche gehen. Infolgedessen könnte sich ein erfolgreiches Zusammenleben entwickelt haben. Die Menschen könnten die abfallenden Federn der Raben genutzt haben, um Schmuck, Werkzeug oder Kleidung herzustellen. Die Experten gehen davon aus, dass ein solches Ökosystem auch mit anderen wild lebenden Tieren, wie Füchsen möglich gewesen sei.