Aus der Wirtschaft sind kritische Worte zu sozialer Ungleichheit und die Schattenseiten des Kapitalismus eher selten. Ein Unternehmer aus Hamburg investiert jetzt Millionen in Forschungsprojekte der Geisteswissenschaften um neue Perspektiven im Kampf gegen Ungleichheit zu schaffen. Auch die Humboldt-Universität Berlin profitiert.
Erck Rickmers empfindet tiefe Sorge über die Entwicklung der Welt. Die Welt sei in einer tiefen Krise und die immer stetig wachsende gesellschaftliche Ungleichheit eine Gefährdung für die Demokratie. „Ich nehme die Welt in einem Zustand der Krise wahr, ökologisch, ökonomisch, politisch, kulturell und spirituell“, sagt Rickmers. Für die Erforschung gesellschaftlicher Herausforderungen des 21. Jahrhunderts stellt der 53-Jährige über eine Stiftung mehrere Millionen Euro für vier neue Forschungszentren in Deutschland, Großbritannien, Italien und den USA bereit. Die Stiftung möchte unter dem Leitmotiv „Understand – Inspire – Change“ die gesellschaftlichen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts analysieren, zu neuen Lösungen inspirieren und die gesellschaftliche Zukunft positiv mitgestalten. Neben den Universitäten Cambridge, California und Venedig, erhält auch das „Center for Humanities and Social Change“ der Humboldt-Universität zwei Millionen Euro über einen Zeitraum von fünf Jahren. Inspiriert wurde Erck Rickmers durch ein Studium der Geisteswissenschaften in den USA, das er 2017 abschloss. Der Unternehmer stammt aus einer traditionsreichen Familie von Reedern, Händlern und Schiffbauern aus Norddeutschland. Ihm gehört eine Unternehmensgruppe aus den Bereichen Unternehmensfinanzierung, Immobilien, Transport und Energie.
Forschungsthemen: Demokratie, Kapitalismus, Technik und Migration
Sorge bereitet Rickmers neben der immer weiter klaffenden Schwere zwischen Arm und Reich auch die vorherrschende Technik-Orientierung in der Gesellschaft, bei der nach seiner Meinung die langfristigen Folgen zu wenig bedacht werden. Das Forschungszentrum des „Center for Humanities and Social Change“ der Humboldt-Universität Berlin fokussieren sich auf Krisen Kapitalismus und Demokratie. Hierbei wird auf bereits bestehende Strukturen aufgebaut. Das von Philosophie-Professorin Rahel Jaeggi geleitete Zentrum soll künftig Stipendien- und Doktoranden-Programme für Forscher anbieten. Auch öffentliche Symposien, Vorträge, Gesprächsrunden und Kunstprojekte sind in Zukunft geplant. Hierbei geht es auch darum, unterschiedliche gesellschaftliche Gruppen anzusprechen. Die Wahl für die Humboldt-Universität begründete Rickmers mit dem außerordentlich guten Ruf, den die geisteswissenschaftliche Fakultät weltweit genießt. An den anderen Standorten in England, Italien und den USA wird es verstärkt um die gesellschaftlichen Auswirkungen technischer Entwicklungen, den immer problematischer werdenden Zusammenhang zwischen Fakten, Werten und Wahrheit, aber auch um die kulturellen Herausforderungen, die durch zunehmende Migration entstehen. Rickmers hofft, dass die Ergebnisse der unterschiedlichen Forschungsbereiche ein größeres Bild ergeben, dass neue Perspektiven schafft, um die Anforderungen unseres Jahrhunderts zu bewältigen.