Die Digitalisierung der Welt stellt das Urheberrecht vor große Herausforderungen, auch im Bereich der Wissenschaft. Die unkomplizierte Vervielfältigung und der einfache Zugang zu Publikationen und Forschungsdaten bieten der Wissensgesellschaft ungeahnte Chancen. Um den neuen technischen Anforderungen gerecht zu werden, trat jetzt das neue Urheberrechts-Wissensgesellschafts-Gesetz (UrhWissG) in Kraft.
Alte Gesetze sind nicht mehr zeitgemäß
Seit dem 1. März 2018 gilt das neue Gesetz. Die bisher geltenden Regelungen ließen sich nur noch schwer auf die heutigen technischen Voraussetzungen anwenden. Der Wissensaustausch hat sich mit der Digitalisierung radikal verändert. Auch in Fragen des Urheberrechts treten mit den neuen technischen Bedingungen Unklarheiten auf. So fehlte es bis jetzt beispielsweise an klar definierten Rechtsbegriffen. Aus diesem Grund wurde das neue Urheberrechtsgesetz verabschiedet. Es soll Urheberrechtsfragen zu digitalen Nutzungsmöglichkeiten regeln. Inhalt des neuen UrhWissG sind übersichtliche, einfach verständliche und leicht auffindbare Regelungen für die Nutzung digitaler Werke in Forschung, Wissenschaft und Bildung. Dies soll Wissenschaftlern, Lehrenden und Studierenden einen unkomplizierten Umgang mit dem Urheberrecht ermöglichen. Dabei soll der Zugang zu Wissen bestmöglich gefördert werden.
Der freie Zugang zu Wissen soll gesichert werden
Das neue Gesetz soll einen Mindestzugang zu freiem Wissen ermöglichen. In der Praxis heißt das beispielsweise, das in Zukunft Lehrende an Hochschulen digitale Semesterapparate online zur Verfügung stellen dürfen, ohne dabei das Urheberrecht zu verletzen. Künftig sind auch das sogenannte Data- oder Text-Mining erlaubt. Hierbei handelt sich um eine Forschungsmethode, bei der große Mengen an Daten (z. B. Texte, Bilder, Tonaufnahmen) durch Software ausgewertet werden. Hierfür muss nach dem neuen Gesetz bei Autoren oder Verlagen keine Erlaubnis mehr eingeholt werden. Bibliotheken dürfen außerdem digitale Kopien auf Einzelbestellung verschicken. Im Kern des Gesetzestextes sind insgesamt sechs Schrankenregelungen verankert.
Die wichtigsten Neuerungen im Urheberrecht:
- § 60a UrhG Lehrenden an Schulen und Hochschulen ist es grundsätzlich gestattet 15 Prozent eines Werkes für Unterricht und Lehre zu nutzen.
- § 60b UrhG Die Herstellung von Unterrichts- und Lehrmedien wird vereinfacht.
- § 60c UrhG Nicht-kommerzielle Forschung darf ebenfalls 15 Prozent eines Werkes benutzen. Für die eigene wissenschaftliche Forschung dürfen sogar 75 % vervielfältigt werden.
- § 60d UrhG Regelungen zu den neuen digitalen Forschungsmethoden Data- und Text-Mining.
- § 60e UrhG Bibliotheken dürfen Werke aus ihrem Bestand zur Erhaltung digitalisieren. Es wird außerdem geregelt, unter welchem Umständen Bibliotheken digitale Werke zugänglich machen dürfen und unter welchen Bedingungen sie Ausdrucke gestatten dürfen. Auch der Einzelversand von digitalen Kopien wird gestattet.
- § 60f UrhG Auch Archive, Museen und Bildungseinrichtungen erhalten ähnliche Vorgaben wie Bibliotheken.
Verlage müssen sich umstellen
Die neuen Gesetze im Urheberrecht regeln eine Mindestversorgung an Texten und Daten für die Nutzung in Bildung und Wissenschaft. Das sorgt womöglich für sinkende Absätze der Verlage. Den Erwerb eines gesamten Werkes oder von Lizenzen ersetzt das Urheberrechts-Wissensgesellschafts-Gesetz aber nicht. Vor allem Lizenzen werden im wissenschaftlichen Verlagswesen in Zukunft eine wichtige Rolle spielen. Möglich sind beispielsweise interaktive Lernangebote oder digitale Lehrbücher mit weiterführenden Quellen und Verweisen. Denn Bibliotheken, Bildungseinrichtungen und Forschungsinstitute werden trotz des neuen UrhWissG weiterhin in attraktives Lehrmaterial investieren.